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Verleihung der Fluthilfemedaille an die Einsatzkräfte Feuerwehr


Volkach  Die Bilder und Eindrücke sind bei allen noch präsent, als am 14. Juli 2021 Regenmassen für eine reißende Flut im Ahrtal und damit für eine Katastrophe unvorstellbaren Ausmaßes sorgten. Autos und Bäume waren von den Fluten mitgerissen worden, in Häusern klafften große Löcher, wo das Mauerwerk dem Wasser nicht standhalten konnte und Straßen waren unpassierbar. Um dem noch nie da gewesenen Schadensausmaß Herr zu werden wurden Einsatzkräfte aus der ganzen Bundesrepublik angefordert, darunter auch aus Volkach.

Als Dank und Anerkennung für die geleistete Arbeit stiftete nun das Land Rheinland Pfalz die Fluthilfemedaille, welche am vergangenen Samstag an die Volkacher Einsatzkräfte verliehen wurde.

„Es ist mir eine besondere Ehre, dass ich gemeinsam mit Kreisbrandrat Dirk Albrecht die mutigen und engagierten Einsatz der Feuerwehrmänner aus dem Kitzinger Land mit der rheinland-pfälzischen Fluthilfe Medaille auszeichnen darf. Die schreckliche Flut im Ahrtal 2021 hat bei uns allen für Entsetzen gesorgt und ich bin sehr dankbar für die Gewissheit, dass wir bei uns so tapfere und hilfsbereite Feuerwehrleute haben, die das als Ehrenamt machen und einen unschätzbaren Beitrag für die Gesellschaft leisten.“, erklärte Landrätin Tamara Bischof im Rahmen eines kleinen
Empfangs im Volkacher Rathaus. Der Erste Bürgermeister Heiko Bäuerlein betonte in seinem Grußwort die Bedeutung der Feuerwehren gerade im Katastrophenfall. Er zeigte sich beeindruckt von den Berichten und Leistungen der Feuerwehrleute im Ahrtal bei der Ölschadensbekämpfung und dankte ihnen sehr herzlich für ihren Einsatz zum Wohle der Allgemeinheit.

Ausgezeichnet wurden die Einsatzkräfte aus Volkach welche vor Ort im Einsatz waren, sowie die vier Eichfelder Kameraden, welche bei den Schichtwechseln alle fünf Tage das neue Personal von Volkach aus nach Rheinland Pfalz gebracht haben. Zwar ist das Wasser im Ahrtal aus den Straßen verschwunden, die Aufräumarbeiten in den Hochwasserregion in Rheinland-Pfalz sind jedoch nach wie vor in vollem Gang. Doch eine der schlimmsten Folgen der Flutkatastrophe spielte sich im Untergrund ab. In den Kellern, um genau zu sein. Denn in vielen Häusern waberte bis vor Kurzem eine rot-bräunlich schimmernde Brühe – eine Mischung aus Wasser, Schlamm und Heizöl – durch das Untergeschoss. Die Brühe stank nicht nur, als befände man sich in einer Tankstelle, sondern sie griff auch das Mauerwerk und die Substanz der Häuser an. Spezialfirmen hätten das Öl zwar absaugen können, allerdings würde es Jahre dauern, bis die wenigen Fachleute die vielen Häuser in den von der Flutkatastrophe betroffenen Gebieten gereinigt hätten. Und hier kommt nun die Volkacher Feuerwehr ins Spiel. Der Freistaat hatte den Hochwasserregionen seine Hilfe angeboten und folglich das sogenannte Ölwehr-Kontingent Bayern entsandt. Und um dieses Kontingent auch mit Mann und Geräten schlagkräftig ausstatten zu können, erging von der Regierung von Unterfranken ein Hilfeersuchen an die Landkreise der Region. In Folge dessen wurde aus dem Landkreis Kitzingen einzig der in Volkach stationierte Gerätewagen Hochwasser, sowie die städtische Ölwehrausrüstung entsandt. Als dann am Mittwoch dem 28.07. um 17:00 Uhr die erste Meldung für den kurzfristigen länderübergreifenden Einsatz telefonisch einging, lief die Maschinerie in Volkach an. Ein Trupp fuhr sofort in mehrere Läden um Lebensmittel, Medikamente und weitere Utensilien zu besorgen. Parallel dazu kümmerten sich Andere um die Personal- und Materialplanung. So waren in kürzester Zeit die sechs Einsatzkräfte für den ersten Abmarsch und sogar schon die Ablösemannschaft für die Woche darauf gefunden. Bis tief in die Nacht richteten anschließend über 20 Einsatzkräfte das komplette Equipment zusammen. Die Volkacher Einheit war darauf vorbereitet mindestens 48 Stunden autark zu arbeiten und sich selbst mit allem Vorstellbarem zu versorgen. Komplett ausgestattet sammelte sich die 32 unterfränkischen Kräfte am Folgetag in Elsenfeld (Lkr. Miltenberg), bevor Sie gemeinsam ins Ahrtal aufbrachen. Erzählungen von Einsatzkräften anderer Hilfsorganisationen welche bereits vor Ort waren liesen nichts gutes erahnen. Es war von kriegsähnlichen Zuständen, grassierenden Krankheiten und deutlich Schlimmerem die Rede - die Erzählungen sollten recht behalten.

Untergebracht wurden die Unterfranken in der riesigen Zeltstadt am Nürburgring,welche sehr gut organisiert war. Bei windigen 10°C übernachteten die Franken in 10 Mann Zelten und wurden durch das Technische Hilfswerk bestens verpflegt. Als erstes wurde dem unterfränkischen Kontingent der Ort Altenahr zugeteilt, einer der am schlimmsten betroffenen Orte im Ahrtal. Durch die Flutwelle wurden die Heizöltanks größtenteils aufgeschwemmt. In den seltensten Fällen sind die Tanks nach dem Rückgang des Wasser wieder in ihrer ursprünglichen Position gelandet. Während ein Teil der Führungskräfte den Ort erkundeten, arbeiteten sich die Ölwehrmannschaften Stück für Stück hinterher. Die schnell entstandene Liste mit abzuarbeitenden Einsatzstellen lies das Ganze wie eine Sisyphusarbeit aussehen. Mit Hilfe von Ketten- und Säbelsägen wurden Öffnungen in die GFK-Tanks geschnitten, damit die Saugschläuche der Pumpen
hineinpassten. Die Stahltanks hingegen mussten aufwendig mit Handwerkzeug geöffnet werden. Die sehr engen Keller und Tankräume waren zwar schwierig begehbar, die Feuerwehrmänner fanden allerdings immer einen Weg sich durchzuzwängen.

Insbesondere stark baufällige Häuser forderten die Helfer. So beschäftigten sich die sechs Volkacher mit einem schwer einsturzgefährdetem Fachwerkhaus im Herzen der Altstadt von Altenahr. Das THW sicherte die Ruine bereits aufwendig mit Konstruktionsholz gegen den Einsturz ab, sodass sich der Volkacher Ölwehrtrupp um die Heizöltanks kümmern konnte. Die 9000 Liter fassenden Öltanks waren auch hier aufgeschwommen und hatten sich dabei schräg im Keller verkeilt. Nachdem der Weg zu den Tanks durch Schlamm und Schutt gebahnt war wurde das Öl zügig ausgesaugt, damit
der bereitstehende Kettenbagger anschließend die übrig geblieben Ruine abreisen konnte. Eines von vielen Beispielen über die aufwendigen und zeitintensiven Arbeiten.

Währenddessen wurden die grauenhaften Bilder der Verwüstung im Tal schnell zum Alltag für die Einsatzkräfte. Unbeirrt vom Anblick der surrealen Ruinenlandschaft, dem bestialischem Gestank, den giftigen Staubwolken und dem überall faulendem Schlamm, kämpften sie sich Stück für Stück vor. Die körperlichen Belastungen bei den fast
pausenlosen Arbeiten in Vollschutzanzügen waren enorm und forderten den Feuerwehrmännern einiges ab. Nach jeder Einsatzstelle wurden die Einsatzkräfte gründlich dekontaminiert, gereinigt und desinfiziert, denn der Eigenschutz hatte oberste Priorität. Sobald Ortschaften abgearbeitet waren, wurde in den benachbarten Dörfern verlegt und nahtlos weitergearbeitet. Der Einsatz ging schnell nicht nur an die Substanz der Einsatzkräfte, sondern auch an das Material. Etliche Tagen im Dauereinsatz bei widrigsten Bedingungen hinterließ Spuren an den Einsatzfahrzeugen und Gerätschaften.

Vor allem der hochgiftige Staub der das ganze Tal überzogen hatte und durch den Wind in Schwaden durch die Gassen getrieben wurde, reizte Atemwege und Augen. Das die Erlebnisse auch nach gut eineinhalb Jahren bei den Einsatzkräften immer noch präsent sind, ist angesichts der Intensität des Einsatzes mehr als nachvollziehbar. Eines
Nachmittags entdeckten Zivilisten einen Blindgänger aus dem zweiten Weltkrieg unmittelbar neben den Volkacher Feuerwehrfahrzeugen, der durch die Wassermassen freigespült wurde. „Noch heute läuft es mir kalt den Rücken runter, wenn ich mich an den Funkspruch erinnere, als wir die Flucht über Funk befohlen bekamen.“, erzählt Zugführer Felix Menz. Er ergänzt: „Eine von vielen Geschichten die wir uns wohl, noch unser ganzes Leben erzählen werden!“

Während sich die Volkacher um das Heizöl kümmerten, kamen sie automatisch mit den Bürgern in Kontakt, mit Menschen, die vor dem Nichts stehen. Es wurde viel geredet aber in erster Linie zugehört und versucht Trost zu spenden. „Wir haben brutale Ereignisse gehabt, es war ein harter Einsatz. Und obwohl die Bewohner dort teilweise alles verloren haben, haben sie uns auch noch mitversorgt, haben das Gespräch gesucht und sich bedankt für unsere Hilfe. Es wurde große Kameradschaft gelebt!“, erzählt Fred Mahler in seiner Ansprache an die Geehrten. Während die Teams der Volkacher Feuerwehr im fünf Tage-Rhythmus wechselten, wurden die Fahrzeuge und Gerätschaften vor Ort weiter betrieben. Die frischen Volkacher Einsatzkräfte wurden jeweils mit Hilfe des Mannschaftstransportwagens der Eichfelder Feuerwehr ins Ahrtal transportiert. Ein weiterer Beweis für die gute Zusammenarbeit der Wehren innerhalb der Stadt Volkach. Die Personalwechsel wurde auch immer für einen technischen Dienst genutzt. Die Verbrauchsgüter und defekten Geräte wurden mit jeweils frisch aus Volkach angeliefertem Material aufgefüllt oder ersetzt. Ein Ausfall von Fahrzeug oder Gerät hätte ein frühzeitiges Einsatzende bedeuten können, weshalb es dies unter allen Umständen zu vermeiden galt. Der Anfangs für 10 Tage geplante Einsatz wurde währenddessen um sieben weitere Tage verlängert, somit mussten zwei weitere Personalschichten á fünf Tage umgehend gestellt werden. Eine Mammutaufgabe, da Familien und Arbeitgeber natürlich jeweils fünf Tage spontan auf die Einsatzkräfte verzichten mussten. „Wir sind unheimlich dankbar, dass wir auf so breite Unterstützung, egal ob im familiären oder beruflichen Umfeld gestoßen sind.
Ohne diesen großen Rückhalt wäre unser Einsatz nicht möglich gewesen!“
, erzählt Kommandant Fred Mahler.

Während der Einsatz im Ahrtal lief, ging das Tagesgeschäft der Feuerwehr in Volkach unbeirrt weiter. So musste unter anderem ein Kind, welches mit dem Kopf zwischen einem Brückengeländer steckte, befreit werden und ein brennender LKW neben einem Supermarkt abgelöscht werden. Ein Übergreifen der Flammen auf das benachbarte Gebäude konnte durch das schnelle Eingreifen der Feuerwehr noch verhindert werden. Nur zwei von mehreren Einsätzen welche in den 17 Tagen parallel zum Ahrtaleinsatz abgearbeitet wurden.„Die Einsätze in der Heimat liefen wie gewohnt weiter, das geht
nur mit einer leistungsfähigen und breitaufgestellten Mannschaft!“

Alles in allem wurden im Ahrtal mit den beiden Volkacher Fahrzeugen zusammen 4000 Kilometer gefahren und über 1400 ehrenamtliche Einsatzstunden durch die 24 Einsatzkräfte geleistet. Das unterfränkische Kontingent pumpte in der Summe gut 2,5 Millionen Liter Öl-/Wassergemisch gemeinsam ab.
Zurück in Volkach konnte binnen 24 Stunden beide Fahrzeuge gereinigt, repariert und instandgesetzt, wieder in den Einsatzdienst aufgenommen werden. Alles musste aufwendig gereinigt und desinfiziert werden da der giftige Staub alles überzogen hatte. Um das anhaftende Mineralöl abzulösen, wurde die stadteigene Ölwehrausrüstung aufwendig mit heißem Wasser gereinigt. Ein verdienst unzähliger Helfer, welche unter der Leitung der Gerätewarte über 130 Arbeitsstunden investierten. „Eine echte Meisterleistung unserer Gerätewarte und dem gesamten Team der Feuerwehr, wenn man bedenkt in was für einem Zustand das komplette Material war!“, lobt Fred Mahler die Mannschaft der Wehr.Abschließend betont der Feuerwehrkommandant: „Wir bedanken uns ausdrücklich bei allen Angehörigen und Arbeitgebern der Einsatzkräfte, sowie bei Bürgermeister Heiko Bäuerlein samt Rathausverwaltung für die großartige unbürokratische Unterstützung und Rückendeckung während des Einsatzes.“