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Emy Roeder, die bedeutendste Bildhauerin des Expressionismus

Herrliche Ausstellung über Emy Roeder im Kulturspeicher eröffnet

Würzburg: Am 30. Januar 1890 ist Emy Roeder in Würzburg zur Welt gekommen. Sie war das Kind einer alteingesessenen Bürgersfamilie, deren Wohnhaus am Marktplatz stand. Die Familien ihres Vaters und ihrer Mutter waren seit Jahrhunderten in Würzburg als Kaufleute ansässig.

 

Auch ihr Vater war Kaufmann, doch galt seine Liebe der alten fränkischen Kunst und erweckte in Emy Roeder frühzeitig Verbundenheit und Freude an heimatlichen Bauten und Bildwerken. Sie hatte eine glückliche Jugend in dem alten Hause am Markt, in dem Garten und den Weinberg vor der Stadt, wie sie immer wieder betonte.

 

Emy Roeder besuchte in Würzburg die Bildhauerklasse des alten "Polytechnischen Zentralvereins", wo auch August Stöhr tätig war. Der bekannte Würzburger Bildhauer Arthur Schlegelmünig war ihr erster Lehrer.

 

Kurz besuchte sie die Holzschnitzerschule in Oberammergau. Sie wurde dann Schülerin von Bernhard Hoetger, der ihr ein hervorragender Lehrer war. Bei ihm in Darmstadt und in Fischerhude, wo Hoetger hinging, verbrachte sie eine sie stark bereichernde Zeit von 1912 bis 1914. Hoetger galt damals den Bildhauern als wegweisend für die neuen Ziele der Plastik. In Fischerhude, unweit Worpswede, lebte sie auch 1919, hier erlebte sie die Einsamkeit der Moorlandschaft, was sie auch künstlerisch umsetzte.

 

Nach einer ersten Italienreise folgten die Arbeitsjahre in Berlin, wo sie von 1915 bis 1930 lebte, darunter fünf Jahre als Meisterschülerin bei Hugo Lederer.Lederer, seit 1920 an der Berliner Akademie lehrend, vermittelte ihr ein neues Verhältnis zu den Problemen der Materialgerechtigkeit, der Statik und Geistigkeit der Form.

 

Aus ihrer Berliner Zeit datiert auch ihre Freundschaft mit gleichgesinnten Künstlern wie Erich Heckel und Karl Schmidt-Rottluff, wenig später auch zu Hans Purrmann. Hier lernte sie auch ihren späteren Mann, den Bildhauer Herbert Garbe, kennen.

 

Bereits 1920 war sie Preisträgerin der Preußischen Akademie und 1929 Trägerin des Preises der Stadt Köln in der Ausstellung des "Deutschen Künstlerbundes". Sie wird Mitglied der "Berliner Sezession" und der "Novembergruppe", geht auf Reisen nach Paris und Rom.

 

Von 1937 bis 1944 lebt sie in Florenz. Sie führte da ein recht einfaches Leben und stundenlang sitzt sie auf den Weiden und in den Ställen zwischen Pferden und Kälbern, Kühen und Schafen und zeichnet. Ihr wurde in Italien der Villa-Romana-Preis verliehen und sie erhielt - fast gleichzeitig - als "entartet" in Deutschland Ausstellungsverbot.

 

Nach der Internierung 1944/1945 in Padula in der Provinz Salerno, wo sie als Badeaufseherin im Duschraum des Lagers arbeiten musste, lebte sie noch einige Zeit in Rom und in der römischen Campagna.

 

Anschließend ging sie im Januar 1950 als Leiterin einer Bildhauerklasse an die Landeskunstschule Mainz. Sie schuf nun den Bronzekopf von dem berühmten Maler Hans Purrmann und großartige Porträts Erich Heckels und Karl Schmidt-Rottluffs, mit dem sie seit den 20er Jahren in Berlin freundschaftlich verbunden war. Bis zu ihrem Tode dauerte diese Freundschaft. Auch mit HansPurrmann war sie seit ihrem Aufenthalt in Florenz eng befreundet. Schmidt-Rottluff schätzte auch sehr die Bildnisse von Purrmann und Heckel und äußerte dazu, dass ihre Porträts einmal Dokumente dieser Zeit seien. Diese Porträts und auch das Selbstbildnis Emy Roeders, nehmen einen überragenden Platz in der europäischen Bildnisplastik unseres Jahrhunderts ein.

 

Sommeraufenthalte in Italien, und Reisen nach Griechenland und Nordafrika, wo sie Menschen und Leben in Tunis, Kairo und Tripolis faszinierten, folgten. Auch zahlreiche Preise wurden ihr verliehen, so der Preis der Stadt Berlin 1953, 1956 der Kunstpreis des Landes Rheinland-Pfalz und der Cornelius-Preis der Stadt Düsseldorf, 1960 der Kunstpreis des Landes Nordrhein-Westfalen und 1962 der Kunstpreis der Stadt Mainz.

 

Auch ihre Heimatstadt Würzburg ehrteEmy Roeder: nach der SilbernenStadtplakette zu ihrem 70. Geburtstag und den Ehrenring zum 80. Geburtstag bekam sie 1966 den Kulturpreis der Stadt Würzburg.

 

Ihre Bindungen an Würzburg waren sehr eng, sie war lange Jahre Mitglied der "Vukuk", der "Vereinigung unterfränkischer Künstler und Kunsthandwerker" und deren Nachfolger die "Vereinigung Kunstschaffender Unterfrankens". So nahm sie zum Beispiel an einer Ausstellung 1930 in der Schrannenhalle teil. 1955 zeigte die Städtische Galerie eine Ausstellung ihrer Arbeiten in der Otto-Richter-Halle.

 

Wie Heiner Dikreiter schrieb, umkreiste Emy Roeders plastisches Gestalten immer wieder zwei Probleme, Tier und Mensch, im Einzelnen und in Gruppen. Die Natur wird bei ihr auf die einfachste Form gebracht. Der nackte und der bekleidete Mensch erscheinen als straff gesammelte Gestalten in schnittiger Form von äußerster Konzentration, streng gebaut, jede "Gefälligkeit vermeidend, auf einen klaren Umriss hin gesehen, was sie auch in ihren meisterlich gekonnten, knappen Zeichnungen ausdrückte, die mit sparsamsten Mitteln das Äußerste an Ausdruck brachte.

 

Am 7. Februar 1971, nur wenige Tage nach ihrem 81. Geburtstag, starb mit Emy Roeder in Mainz einer der letzten schöpferisch Tätigen, die in ihrem Werk Ideen und künstlerische Probleme des deutschen Expressionismus überzeugend und allgemein gültig gestaltet hatten. Ganz nach ihrem Wunsch wurde sie in ihrem geliebten Würzburg im Grab ihrer Eltern beigesetzt. Ihren gesamten künstlerischen Nachlass vermachte sie testamentarisch ihrer Heimatstadt Würzburg. Er wird jetzt in der Städtischen Galerie aufbewahrt. Emy Roeder konnte dort im Haus am Paradeplatz noch vor der offiziellen Eröffnung anlässlich ihres 80. Geburtstages eine Ausstellung ihrer Werke selbst erleben.

 

Fotos u. Text: Willi Dürrnagel