Würzburg.Was tun, wenn ein Betrieb seit geraumer Zeit erfolglos einen Nachfolger sucht? Diese Frage stellen sich derzeit einige Geschäftsführer und Firmeninhaber in Mainfranken. Laut einer Analyse der Industrie- und Handelskammer (IHK) Würzburg-Schweinfurt wissen derzeit 32 Prozent der Firmenverantwortlichen nicht, wer in Zukunft den Betrieb fortführt. Bei 14 Prozent der Unternehmen gehen offenbar die Lichter in naher oder ferner Zukunft aus. Dass 54 Prozent eine Übergabe planen – in welcher Form auch immer - ist lediglich ein schwacher Trost für jene Beschäftigten, die sich gute Perspektiven wünschen.
Die Personalvermittlungsfirma Beckhäuser Personal & Lösungen aus Würzburg beschäftigt sich seit einigen Monaten mit dem Thema „Unternehmensnachfolge“. Am vergangenen Mittwoch lud sie zum dritten Mal zur sogenannten „HR-Matinee“, einem vormittäglichen Kinoevent, ins Central Kino in Würzburg ein, etwa 30 Geschäftsleute und Selbstständige aus diversen Branchen folgten der Einladung. Im Mittelpunkt der Veranstaltung stand der Film „Global Player – Wo wir sind isch vorne“ sowie ein Meinungsaustausch mit Dr. Sascha Genders (Gründungsberater IHK Würzburg/Schweinfurt) und Wolfgang J. Schmitt, Inhaber der Schmitt Wirtschaftsberatungsgesellschaft mbH, zur Situation von mainfränkischen Firmen bei der Nachfolgeregelung.
Michael Beckhäuser, Geschäftsführer von Beckhäuser Personal & Lösungen, verwies bei der „HR-Matinee“ auch auf den firmeneigenen Weblog. Unter www.beckhaeuser.com/weblog plant man ab sofort jeden Monat redaktionelle Beiträge zum Thema „Unternehmensnachfolge“. Experten aus den Bereichen Finanzierung, Steuern, Unternehmensgründung und Nachfolge kommen dann zu Wort. Zum Know-how-Transfer im Weblog sollen auch Geschäftsführer beitragen, die ihre persönlichen Erfahrungen bei der Nachfolgeregelung schildern – und solche, die ein solches Szenario noch vor sich haben.
Der Film „Global Player - wo wir sind isch vorne“ zeigt sehr anschaulich, was passieren kann, wenn Vater und Sohn gleichzeitig denselben Anspruch verfolgen: Beide wollen die Zügel in den Händen halten, doch die Chemie stimmt nicht (mehr). Der Senior will die Führung nicht aus der Hand geben, der Junior möchte sich emanzipieren und durchsetzen. Die Nachfolge auf dem Papier ist längst vollzogen, doch der Vater behält sich ein Vetorecht bei wichtigen Entscheidungen vor. Zudem macht er durch sein patriarchisches Verhalten seinem Sohn die Geschäftsführung schwer.
Juristische, monetäre und emotionale Herausforderungen bei der Nachfolge
Wolfgang Schmitt empfahl in diesem Zusammenhang allen, die vor einer Nachfolgeregelung stehen: Machen Sie sich bewusst, dass man „loslassen und übergeben muss“. Die psychologische Hemmschwelle sei jedoch für viele Betroffene besonders groß. „Der Unternehmer verliert bei der Übergabe seine Daseinsberechtigung“. Das zu akzeptieren, falle vielen besonders schwer, so Wolfgang Schmitt.
Der Rat des Waldbüttelbrunners lautet daher, sich frühzeitig Gedanken um die eigene Nachfolgeregelung zu machen. „Das hört sich verrückt an. Aber zwischen 45 und 50 Jahren sollte man damit beginnen“, erklärte dieser bei der HR-Matinee.
Laut Online-Ausgabe der Main-Post vom 28. Februar heißt es: „Immer mehr Chefs überziehen mangels Nachfolger den Gang in die Rente – bis zum bitteren Ende“. Ein weiterer Aspekt, der das Problem sehr konkret darstellt: Etwa 61 Prozent der Betriebsleiter verfügen über keinen "Notfallkoffer". Diese Vorsichtsmaßnahme ist umso wichtiger, wenn der Chef plötzlich stirbt und die Nachfolge nicht geregelt ist.
Ein weiterer Hemmschuh ist die relativ kurze Laufzeit der Finanzierung beim Unternehmenserwerb. Während noch vor einigen Jahren eine Laufzeit von zehn bis 15 Jahren üblich war, so Wolfgang Schmitt, sind inzwischen zwischen fünf und acht Jahren die Regel. „Früher konnte man in vielen Branchen das Marktverhalten in den nächsten zehn Jahren planen“, das sei heuer nicht mehr der Fall.
Dr. Sascha Genders machte das Nachfolgeproblem auch anhand von zwei Zahlen deutlich: Auf einen „Übergeber“ einer Firma kämen derzeit nur 0,6 Übernehmer. Was ihm Sorgen bereite: „Wir wissen zwar, dass 50 Prozent übergeben möchten, allerdings ist nur ein Drittel sicher, was sie tun sollen“.
Ein anderes Phänomen: Je besser es den Menschen wirtschaftlich gehe, desto weniger ziehe es die Menschen in die Selbstständigkeit. Oft stellten sich insbesondere jüngere Erwachsene die Frage: „Warum soll ich mir das Risiko der Selbstständigkeit auferlegen? Warum soll ich es den Eltern gleichtun, die nur wenig Urlaub und Zeit für sich haben?“, schilderte Dr. Genders die Denkweise der möglichen Unternehmensnachfolger.
Seine Handlungsempfehlungen: Als zukünftiger „Übergeber“ und Übernehmer sollte man frühzeitig ein Netzwerk in der Region gründen und sich von Experten insbesondere bei steuerlichen und juristischen Fragestellungen beraten lassen. Zudem rät er, möglichst frühzeitig die Nachfolge vorzubereiten, also auch eine Personalauswahl zu treffen. Hinzu kommt die eigene persönliche Risikoabsicherung. In einem Punkt waren sich alle einig: Herausforderungen juristischer und monetärer Art lassen sich meist lösen. Doch der emotionale Aspekt ist oft die noch größere Bürde für die jetzigen Geschäftsinhaber.