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Mainfränkische Wirtschaft warnt vor Energiekrise

„Jede Kilowattstunde zählt“

Würzburg/Mainfranken

Angesichts der eskalierenden Energiekrise fordert die IHK Würzburg-Schweinfurt deutlich mehr Tempo, um die akute Notlage zu bewältigen, aber auch um mittelfristig unabhängiger von Energie-Importen aus Russland zu werden. „Wir laufen geradewegs in eine beispiellose Energiekrise mit unabsehbaren Folgen für den Wirtschaftsstandort Mainfranken“, warnt IHK-Hauptgeschäftsführer Prof. Dr. Ralf Jahn. Die Energiepolitik steht jetzt vor einem Scherbenhaufen. Statt ideologisch geprägter Grabenkämpfe braucht es dringend pragmatische Kompromisse und Notfallmaßnahmen. Es müssen jetzt alle Instrumente auf den Tisch, die unsere Energieversorgung stabilisieren und das Energieangebot unabhängig von russischen Lieferungen erhöhen. Dabei dürfen Mainfranken und Bayern bundesweit nicht ins Hintertreffen geraten.“

 

Jahn fordert mehr Einstiege und keine Ausstiege in der Energiepolitik. Auch müssten alle Möglichkeiten zum Einsparen von Erdgas genutzt werden. „Jede Kilowattstunde zählt im Hinblick auf den bevorstehenden Winter.“ Nachdem auf die Industrie nur rund ein Drittel des Gasverbrauchs entfällt, müsse jeder jetzt seinen Beitrag bei der Reduzierung des Energieverbrauchs leisten. „Auch die Bürger können und müssen jetzt im Herbst und Winter ihre Solidarität mit den Unternehmen beim Energiesparen unter Beweis stellen – lieber den warmen Pulli anziehen statt bequem den Heizkörper hochdrehen“, so Jahn. Weil die Einsparpotenziale in der Industrie bereits zum Großteil ausgeschöpft seien, müsse das Energiesparen als gesamtgesellschaftliche Aufgabe begriffen werden. Die Bundesregierung müsse zudem unbedingt dafür Sorge tragen, dass die Gasspeicher schleunigst aufgefüllt werden. Wichtig sei aber auch, den Unternehmen den Umstieg von Erdgas auf andere Energieträger zu erleichtern. „Dass in der aktuellen Notfallsituation der dringend notwendige ‚Fuel Switch‘ durch EU-Umweltauflagen praktisch unmöglich ist, muss schleunigst geändert werden. Auch der Ausbau von Wind- und Solarenergie sowie der Energietrassen muss uneingeschränkte Priorität bekommen, damit Unternehmen mittelfristig auf grünen Strom ausweichen können.“

 

Jahn warnt zudem vor weiterem Inflationsdruck durch die fortdauernde Energiekrise. Industriekunden und private Verbraucher müssen sich auf deutlich steigende Energiepreise einrichten. Dennoch begrüßt die Wirtschaft die heutige Ausrufung der Alarmstufe im Notfallplan Gas der Bundesregierung als wichtigen Schritt im Krisenmanagement. Die Alarmstufe ist eine Voraussetzung für die Umsetzung der Pläne der Bundesregierung, Kohlekraftwerke wieder ans Netz zu holen, um Erdgas bei der Stromproduktion einzusparen. Das entsprechende Gesetz soll den Bundesrat am 8. Juli passieren. Das Ersetzen von russischem Gas bleibt eine gigantische Aufgabe für die Energiepolitik: Selbst nach der bereits erfolgten Reduktion des Anteils von russischem Gas am deutschen Verbrauch von früher über 50 Prozent auf nun ein Drittel wären nach Berechnungen der IHK München rein rechnerisch in ganz Deutschland immer noch 30 Atommeiler oder 21.000 Windkraftanlagen an Land notwendig, um die gleiche Energiemenge zu erzeugen wie mit den russischen Erdgasimporten. In der Chemieindustrie ist Erdgas allerdings auch als Rohstoff zur Herstellung von Basis-Chemikalien unverzichtbar.