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Ab 19. Januar 1919 konnten Frauen in Deutschland zum ersten Mal wählen

Willi Dürrnagel berichtet: 100 Jahre Frauenwahlrecht !!!

Würzburg: Ab 19. Januar 1919 konnten Frauen in Deutschland zum ersten Mal wählen und gewählt werden. Seitdem waren verdienstvolle Frauen in den Parlamenten und kommunalen Gremien vertreten. Eine langjährige Kollegin im Würzburger Stadtrat, dem ich seit 1972 angehöre, war Gerda Laufer. Wir waren im Stadtrat nebeneinander gesessen und ich konnte viel von ihr lernen. Sie ist mir noch heute ein großes Vorbild. Sie wurde im Ehrengrab der Stadt Würzburg auf dem Würzburger Hauptfriedhof beigesetzt und bei allen meinen Führungen gedenke ich ihr gerne. Hier ein Auszug aus meinem Führungsmanuskript.

 

Laufer Gerda

Gerda Laufer ist am 3. Januar 1910 in Würzburg geboren. Ihre Eltern Hans undBabette Kohler betrieben seit 1911 die Gaststätte "Wilder Mann" in der Zeller Straße. Sie war die älteste von drei Töchtern, ihre Schwestern waren Irmgard und Magda. Ihre Schulbildung erhielt sie von der zweiten Volksschulklasse an im Lyzeum der Englischen Fräulein, sie musste aber nach dem Tod des Vaters die Schule vorzeitig abbrechen. Anschließend arbeitete sie in einem Warenhaus.

 

Den Weg zum politischen Engagement wählte sie schon in jungen Jahren. Mit 14 Jahren nahm sie an den Aktivitäten der Sozialistischen Arbeiterjugend SAJ teil. Mit 19 Jahren trat sie in die SPD ein, um die durch die Nationalsozialisten zunehmend bedrohte Weimarer Demokratie aktiv zu verteidigen. Außerdem übernahm sie eine gewerkschaftliche Tätigkeit im Zentralverband der Angestellten. Die Erfahrungen der Diktatur und des faschistischen Terrors prägten ihr Bewusstsein für den Wert einer freiheitlichen und demokratischen Staatsordnung.

 

1945 erlebte Gerda Laufer in Würzburg den Untergang ihrer Heimatstadt. Nach der Bombardierung bleib sie mit ihren Angehörigen im "Grab am Main". Die allgemeine Not der Nachkriegszeit und der Wille, den Menschen zu helfen, veranlassten sie zum kommunalpolitischen Engagement. Zusammen mit anderen Genossen organisierte sie die Wiedergründung der SPD in Würzburg. Einige Zeit war sie auch die einzige Parteisekretärin im Bundesgebiet.

 

Am 10. September 1945 wurde von der amerikanischen Militärregierung ein 15köpfiger Stadtbeirat eingesetzt. Er umfasste nur männliche Vertreter der Parteien, Kirchen usw. Als Ende September 1945 der amerikanische Stadtkommandant eine Ergänzung um zwei Frauen verlangte, wurde GerdaLaufer in das Gremium berufen. In einer schweren Zeit, als es noch nicht viele Bewerber um dieses Amt gab, stellte sie sich ganz selbstverständlich für die Allgemeinheit zur Verfügung.

 

1946 wurde Gerda Laufer dann von der Bürgerschaft in den neuen demokratischen Stadtrat gewählt. Dort prägte sie bis 1956 den Wiederaufbau und die Entwicklung der Stadt entscheidend mit. Sie selbst charakterisierte diese Arbeit einmal so: "Da musste man die Schaufel und den Bleistift bewegen können, um der ersten Not Herr zu werden." Diesen zupackenden Einsatz stellte Gerda Laufer auch unter Beweis, als sie von 1972 bis 1984 noch einmal im Stadtrat wirkte. Ihre bürgernahe Arbeit wurde von dem Wählern mit einem jeweils bemerkenswerten Stimmenanteil - dem höchsten aller Stadtratsmitglieder - anerkannt.

 

Gerda Laufer war auch zweite Vorsitzende der SPD-Franken ab 1952 und auch Mitglied im Bundesbeirat der SPD. Von 1963 bis 1973 war sie Vorsitzende der SPD - Landesfrauenarbeitsgemeinschaft in Bayern.

 

Von 1953 bis 1958 gehörte sie dem Bezirkstag Unterfranken an. 1954 wurde sie in den Bayerischen Landtag gewählt, wo sie hauptsächlich bis 1974 im kulturpolitischen Ausschuss arbeitete.

 

Im Landtag setzte sie sich mit großer Leidenschaft ein für die Sozialpolitik und vor allem für die Fragen der Bildung. Sie kämpfte in den sechziger Jahren dafür, die christliche Gemeinschaftsschule als Regelschule in Bayern durchzusetzen, und sie wirkte an der Wiedergründung der Würzburger Volkshochschule führend mit. Von 1962 bis 1970 war sie auch stellvertretende Vorsitzende der SPD-Landtagsfraktion. Ab 1972 gehörte sie wieder dem Würzburger Stadtrat an.

 

Gerda Laufer war maßgeblich am Aufbau der Arbeiterwohlfahrt Unterfranken beteiligt und auch zwanzig Jahre deren Geschäftsführerin. Auch die Gesellschaft für politische Bildung leitete sie als Vorsitzende und war im Rundfunkrat des Bayerischen Rundfunks.

 

Die Stadt Würzburg ernannte am 11. Mai 1995 Gerda Laufer zur Ehrenbürgerin. Diese Auszeichnung wurde nach 158 Jahren erst zum zweiten Mal einer Frau zuerkannt. Die erste war die Landgräfin Eleonore von Hessen-Rotenberg, die 1837 wegen ihrer Wohltätigkeit das Ehrenbürgerrecht erhalten hat.

 

Am 24. November 1999 am Abend starb Gerda Laufer. Nach ihr wurde auch die vormalige Adams Avenue der Leighton Barracks in Gerda-Laufer-Straße umbenannt.