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Corona: Ausbildung, Prüfung, Vergütungsfortzahlung, Betriebsschließung, Home Office.

Die DGB Jugend gibt einen kurzen Überblick was Auszubildende zu diesem Thema wissen müssen.

Wir beantworten die wichtigsten Fragen für Auszubildende. Die unten stehenden Ausführungen bieten eine erste, grobe Orientierung zu arbeitsrechtlichen Fragestellungen rund um Corona. Sie ist nicht abschließend. (Stand: 17. März 2020)

 

1. Wichtig: Berichtsheft weiter schreiben!

Egal was passiert, wir empfehlen dir dein Berichtsheft bzw. Ausbildungsnachweis gewissenhaft weiterzuführen und alles zu notieren, was du in deiner Ausbildung tust. Das Berichtsheft dokumentiert deine gesamten Ausbildungsinhalte und dient als Nachweis für die Kenntnisse und Fähigkeiten, die du während der Ausbildung erworben hast. Fällt die Ausbildung oder der Unterricht längere Zeit aus und es gibt keine anderen Angebote oder Möglichkeiten für dich, die Ausbildungsinhalte zu lernen, schützt dich das Berichtsheft und dient als Beweis. Denn spätestens bei der Abschlussprüfung musst du das Berichtsheft vorlegen.

 

2. Meine Berufsschule ist geschlossen, was nun?

Grundsätzlich müssen Auszubildende in den Betrieb, wenn die Berufsschule geschlossen hat. Die Freistellungsverpflichtung von Ausbildenden knüpft nämlich unmittelbar an den Schulbesuch an (§ 15 Berufsbildungsgesetz - BBiG). Wenn deine Berufsschule alternativen Unterricht (z. B. Online-Kurse o. ä.) organisiert, muss dein Betrieb dich dafür freistellen (§ 15 BBiG). Die Schule muss dir die Mittel (Programme, Endgeräte…) zur Verfügung stellen, um am Unterricht teilnehmen zu können. Frage auch in deinem Ausbildungsbetrieb nach, ob dieser dir die notwendige Technik zur Verfügung stellen kann (Computer, Online-Tools, E-Learning).

 

3. Ich habe demnächst Prüfung bzw. meine Prüfung fällt aus. Was passiert jetzt?

Aufgrund der derzeitigen Situation empfehlen wir allen Auszubildenden, die am Ende ihrer Ausbildung sind, einen Antrag auf Verlängerung des Ausbildungsverhältnisses zu stellen! Der Antrag muss schriftlich beim Ausbildungsbetrieb eingehen!

Die Industrie- und Handelskammern (IHK) sowie die Handwerkskammern (HK) teilen derzeit mit, dass Prüfungstermine für Abschlussprüfungen bis zum 24. April 2020 abgesagt werden. Die Prüfungen werden zu einem späteren Zeitpunkt nachgeholt.

 

Wann die Prüfungen nachgeholt werden können, ist derzeit noch offen. Bitte informiere dich bei deiner zuständigen Kammer nach der aktuellen Prüfungssituation und wie du dich verhalten sollst. Zwischenprüfungen wurden von den IHKen mittlerweile ersatzlos gestrichen.

 

Die Ausbildung ist ein befristetes Beschäftigungsverhältnis. Dein Ausbildungsvertrag läuft bis zum Ablauf der im Ausbildungsvertrag vereinbarten Ausbildungszeit (oder dem Bestehen der Prüfung) weiter. In dieser Zeit muss dir dein Ausbildungsbetrieb die Vergütung weiterzahlen und dich auch weiter ausbilden. Es besteht kein Anspruch auf eine Weiterbeschäftigung, wenn dein Ausbildungsverhältnis durch die bestandene Abschlussprüfung oder durch das Ende des Ausbildungsvertrages endet.

 

Droht dein Ausbildungsvertrag auszulaufen und du konntest noch keine Prüfung machen, kannst du den Ausbildungsvertrag per Antrag bis zur nächstmöglichen Wiederholungsprüfung, höchstens um ein Jahr, verlängern. Du musst die Verlängerung bei deinem Ausbildungsbetrieb schriftlich beantragen.

 

Wir empfehlen dir, die Verlängerung deines Ausbildungsverhältnisses zu deiner eigenen Sicherheit zu beantragen. Denn dann bist du für die nächsten Monate geschützt und gehst nicht in die Arbeitslosigkeit

 

4. Ich habe eine Übernahmezusage von meinem Betrieb. Was passiert damit?

Wenn die Übernahmevereinbarung in den letzten sechs Monaten vor Ende der Ausbildung geschlossen wurde (§ 12 Abs. 1 Satz 2 BBiG), behält diese ihre Wirksamkeit. Aus Beweisgründen ist es immer empfehlenswert, auf eine schriftliche Vereinbarung zu bestehen, aber auch mündliche Vereinbarungen sind wirksam. Im Zweifel solltest du bei deiner zuständigen Gewerkschaft nachfragen.

 

Die Übernahmevereinbarung kann nicht vom Betrieb gekündigt werden, ohne dass ein wichtiger Grund vorliegt. Wende dich unbedingt an deine zuständige Gewerkschaft, wenn dein Betrieb die Vereinbarung kündigen möchte oder gekündigt hat.

 

In etlichen Tarifverträgen haben die Gewerkschaften durchgesetzt, dass Auszubildende, die ausgelernt haben, für einige Zeit in ein Arbeitsverhältnis übernommen werden müssen. Diese Tarifverträge gelten natürlich auch in der Corona-Krise. Bei Fragen hierzu wende dich bitte an deine zuständige Gewerkschaft.

 

Informiere dich bitte bei deiner Jugend- und Auszubildendenvertretung, deinem Betriebs- oder Personalrat oder deiner zuständigen Gewerkschaft.

 

5. In meinem Betrieb gibt es Kurzarbeit. Was passiert mit mir und meiner Ausbildung?

Kurzarbeit für Auszubildende gibt es in der Regel nicht. Der Betrieb muss dich auch bei Kurzarbeit weiter ausbilden. Erst wenn alle Möglichkeiten ausgeschöpft sind, kann Kurzarbeit auch für Auszubildende in Frage kommen. Diese Option ist allerdings als letztes Mittel zu betrachten.

 

Ausbildung kann auch unabhängig von der tatsächlichen Auslastung der Betriebe durchgeführt werden. Der Ausbildungsbetrieb hat nach § 14 Berufsbildungsgesetz (BBiG) eine Pflicht dich auszubilden. Das heißt, dass der Ausbildungsbetrieb alle Mittel ausschöpfen muss, um deine Ausbildung weiter zu gewährleisten. Hierbei hat er beispielsweise folgende Möglichkeiten:

 

• Umstellung des Ausbildungsplans durch Vorziehen anderer Lerninhalte

• Versetzung in eine andere Abteilung

• Rückversetzung in die Lehrwerkstatt

• Theoretische Vermittlung von Lerninhalten (z. B. schriftliche Aufgabenstellungen, Lektüre, digitale Lernmedien)

• Aufgrund der besonderen Situation kann für einen beschränkten Zeitraum auch ein alternativer Ausbildungsort (Home Office etc.) sinnvoll sein.

 

Erst wenn alle Möglichkeiten ausgeschöpft sind, kann Kurzarbeit auch für Auszubildende in Frage kommen. In diesem Fall hast du zunächst Anspruch auf Zahlung der vollen Ausbildungsvergütung für mindestens sechs Wochen (§ 19 Abs. 1 Nr. 2 BBiG).Danach sollte aus unserer Sicht dann das Kurzarbeitergeld greifen. Abweichend von der gesetzlichen Mindestdauer können Ausbildungs- und Tarifverträge längere Fristen vorsehen. Informiere dich bei deiner Jugend- und Auszubildendenvertretung, deinem Betriebs- oder Personalrat oder deiner zuständigen Gewerkschaft, ob es eine Betriebsvereinbarung oder einen Tarifvertrag dazu gibt.

 

6. Mein_e Ausbilder_in schickt mich nach Hause, weil es keine Arbeit mehr im Betrieb gibt. Was passiert jetzt mit mir und meiner Ausbildung?

Wenn der Ausbildungsbetrieb dich nach Hause schickt, verzichtet er auf deine Ausbildungsleistung bzw. deine Arbeitskraft. Eine Berechnung von Minusstunden ist in diesem Fall nicht rechtens. Denn die Ausbildungsvergütung muss weitergezahlt werden, wenn die Ausbildung aus Gründen, für die du nichts kannst, ausfällt, obwohl du bereitstehen würdest (§19 BBiG).

 

Ausbildung kann auch unabhängig von der tatsächlichen Auslastung der Betriebe durchgeführt werden. Der Ausbildungsbetrieb hat nach § 14 BBiG eine Pflicht, dich auszubilden. Das heißt, dass der Ausbildungsbetrieb alle Mittel ausschöpfen muss, um deine Ausbildung auch weiterhin zu gewährleisten. Spreche mit deiner_deinem Ausbilder_in, wie du trotz der Situation für die Ausbildung lernen kannst.

 

Sollte dich der Betrieb trotzdem nach Hause schicken, dann hast du Anspruch auf Zahlung der vollen Ausbildungsvergütung für mindestens sechs Wochen (§ 19 Abs. 1 Nr. 2 BBiG). Wie es danach weitergeht, ist aktuell noch unklar. Als Gewerkschaftsjugend fordern wir ein Kurzarbeitergeld auch für Auszubildende nach sechs Wochen.

 

Wir empfehlen vorsorglich, trotzdem einen Antrag auf Arbeitslosengeld II (Hartz IV) zu stellen, damit du nicht ohne Vergütung dastehst. Abweichend von der gesetzlichen Mindestdauer können Ausbildungs- und Tarifverträge längere Fristen vorsehen.

 

Informiere dich bei deiner Jugend- und Auszubildendenvertretung, deinem Betriebs- oder Personalrat oder deiner zuständigen Gewerkschaft, ob es eine Betriebsvereinbarung oder einen Tarifvertrag dazu gibt.

 

7. Mein Betrieb wurde von der zuständigen Behörde unter Quarantäne gestellt und zur Schließung aufgefordert. Bekomme ich weiterhin meine Vergütung, auch wenn ich selbst nicht erkrankt bin?

Ja. Grundsätzlich trägt der Ausbildungsbetrieb auch bei unerwarteten und von ihm unverschuldeten Betriebsstörungen, zu denen auch die extern angeordnete Schließung des Betriebes gehört, das Risiko und damit auch die Vergütungskosten (§ 615 BGB, bzw. § 19 BBiG).

 

Davon losgelöst regelt das Infektionsschutzgesetz (IfSG) einen Anspruch gegenüber der zuständigen Behörde auf so genannte Verdienstausfällentschädigung für jene Arbeitnehmer und Auszubildende, die als "Ausscheider, Ansteckungsverdächtiger, Krankheitsverdächtiger oder als sonstiger Träger von Krankheitserregern" von der Behörde mit einem beruflichen Tätigkeitsverbot belegt wurden (§ 56 Infektionsschutzgesetz - IfSG).

 

Die Entschädigung in Höhe des Verdienstausfalls (in den ersten sechs Wochen) wird vom Ausbildungsbetrieb ausgezahlt (§ 56 Abs. 5 IfSG). Danach zahlt die Behörde die Entschädigung direkt an die Beschäftigten und Auszubildenden aus. Falls der Ausbildungsbetrieb nicht in Vorleistung geht, zum Beispiel, weil er sich weigert, können sich Beschäftigte und Auszubildende mit ihrem Entschädigungsanspruch direkt an das Landesamt/die Landesbehörde wenden.

 

Sollten Beschäftigte oder Auszubildende im Laufe der Quarantäne tatsächlich erkranken, erhalten sie Entgeltfortzahlung bei Krankheit und anschließend (nach sechs Wochen) Krankengeld von der Krankenkasse.

 

8. Wie steht es um meine Ausbildung und meine Vergütung, wenn wegen des Corona-Virus der Kindergarten oder die Schule meines Kindes geschlossen hat? Kann ich dann zu Hause bleiben und bekomme ich weiterhin mein Geld?

Grundsätzlich sind Auszubildende wie normale Beschäftigte verpflichtet, Anstrengungen zu unternehmen, um das Kind anderweitig betreuen zu lassen. Gerade bei kleinen Kindern ist das aber bekanntlich kein Selbstläufer. Hier solltest du schnellstmöglich ein Gespräch mit deiner_deinem Ausbilder_in suchen und gemeinsam überlegen, wie ihr mit dieser Situation umgehen könnt.

 

In einer besonderen Situation wie der aktuellen kann für einen begrenzten Zeitraum auch alternative Ausbildung sinnvoll sein (z. B. zu Hause lernen). Spreche darüber mit deiner_deinem Ausbilder_in. Er_Sie sollte mit dir am besten telefonisch oder via Videokonferenz im engen Kontakt stehen, damit er_sie dir deine Aufgaben erklären und deine Fragen beantworten kann. Frage hierzu auch bei deiner Jugend- und Auszubildendenvertretung oder deinem Betriebs- bzw. Personalrat nach.

 

Kann die Betreuung nicht sichergestellt werden, oder erkrankt das Kind, gilt § 19 BBiG. Das heißt, dass deine Vergütung bis zu sechs Wochen vom Ausbildungsbetrieb weiterzuzahlen ist. Umstritten dürfte aber sein, wie lange die fehlende Kinderbetreuung "unverschuldet" (vgl. § 19 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b BBiG) ist. Der Ausbildungsbetrieb muss also nicht dauerhaft mitmachen. Hier gilt es, schnell mit deiner_deinem Ausbilder_in in Kontakt zu treten und möglichst eine einvernehmliche Lösung zu finden.

 

9. Zu allen Fragen rund um deine Gesundheit, Krankenschein und Arbeitsunfähigkeit

Zu allen Fragen rund um deine Gesundheit und das Verhalten bei Erkrankung oder Virus-Verdacht, möchten wir auf die Anweisungen der örtlichen Gesundheitsbehörden und die Informationen des DGB für Beschäftigte verweisen.

 

Generell gilt: Du darfst nicht einfach der Ausbildung fernbleiben! Auch in der Corona-Krise brauchst du dafür ein ärztliches oder behördliches Attest (Krankenschein). Bitte sprich mit deinem_deiner Ausbilder_in, wenn du aufgrund von Corona zu Hause bleiben musst oder möchtest. Informiere dich bei deiner Jugend- und Auszubildendenvertretung, deinem Betriebs- oder Personalrat oder deiner zuständigen Gewerkschaft.

 

Auf www.dr-azubi.de kannst du dich jederzeit an unsere Online-Berater_innen wenden, wenn du Probleme oder Fragen zu deiner Ausbildung hast. Schnell, unbürokratisch, anonym und kostenlos. "Dr. Azubi" ist ein Service deiner Gewerkschaft!