Soziale Netzwerke

  

Anzeige

DGB Forum Unterfranken

100 Besucher bei Diskussion zum Rechtsruck

Würzburg. Etwa 100 Interessierte folgten am 14. Juni der Einladung der DGB Region Unterfranken und diskutierten mit namhaften Gästen im Veranstaltungszentrum Heiligkreuz in der Würzburger Zellerau zum Thema „Rechtsruck in Deutschland – Problem oder Ausdruck der Demokratie?“. Der Deutsche Gewerkschaftsbund gewann für die Veranstaltung den Vorsitzenden des Zentralrats der Juden, Dr. Josef Schuster, und den Soziologen Prof. Dr. Andreas Göbel von der Universität Würzburg. Auch der gebürtige Würzburger und Bezirksvorsitzende des DGB Bayern, Matthias Jena, nahm an der Diskussion teil, die von Eberhard Schellenberger vom BR-Studio Mainfranken moderiert wurde.

 

Vor der Diskussion begrüßte Frank Firsching, Regionsgeschäftsführer des DGB Unterfranken, die Anwesenden, darunter zahlreiche Gewerkschaftsmitglieder sowie Gewerkschaftsfunktionäre der IG Metall und der NGG. Auch Friedenspreisträger und Studierendenpfarrer der Katholischen Hochschulgemeinde Burkard Hose war bei der Diskussion anwesend. Er eröffnete die Diskussion mit dem Publikum durch sein Eingangsstatement, in welchem er von zunehmender Enthemmung von Rechtsradikalen auch ihm gegenüber berichtete. So seien Morddrohungen und Gewaltfantasien in Drohbriefen an ihn mittlerweile auch mit Klarnamen versehen. Allgemein sehe er aber eher eine Diskursverschiebung als einen Rechtsruck, was auch die Podiumsgäste so sehen. Alle argumentierten u.a. mit den Mitte-Studien, nach welchen es seit Jahrzehnten einen festen, rassistischen und antisemitischen Teil in der Bevölkerung gäbe. Gleichzeitig könne aber auch eine Zunahme an Zivilcourage, gerade auch unter jungen Leuten ausgemacht werden, meinte Hose.

 

Zuvor hatten sich die Diskutanten Schuster, Göbel und Jena auf dem Podium ähnlich geäußert. Prof. Dr. Göbel sprach von einer zunehmenden Gewaltbereitschaft gegenüber Menschen, die sich couragiert zeigten und in der Gesellschaft engagierten. Zwar käme dies nicht ausschließlich von rechts, doch sei es dort besonders zu beobachten. Auch plädierte der Soziologe eindringlich gegen eine weitere Emotionalisierung der Debatte um die sog. „Flüchtlingskrise“, denn „eine kommunikative Emotionalisierung stelle vielmehr eine Verstärkung als eine Lösung des Problems dar“, sagte er im Hinblick auf Faktenverweigerer, welche insbesondere die öffentlichrechtliche Berichterstattung ständig als Fakenews bezeichnen.

 

Alle drei Diskutanten geben der rechtspopulistischen AfD eine Mitschuld am Eskalieren des Diskurses

Gewerkschafter Jena stellte infrage, ob es etwas bringe mit den AfD-Sympathisanten unter den Gewerkschaftsmitgliedern über Flüchtlinge oder den Islam zu diskutieren. Er setze eher auf die sozialen Themen wie Rente und gute Arbeit. Mit solchen Themen käme man eher bei den Betroffenen an – zumal die AfD als neoliberale Partei hier keine programmatischen Antworten auf die Sorgen der einfachen Menschen habe. Auch der Antisemitismus werde durch die Diskursverschiebung nach rechts wieder salonfähig, meinte Schuster. Sollten Flüchtlinge einmal kein Thema mehr sein, könne sich der Hass auch schnell wieder gegen Juden und andere Minderheiten richten. Derzeit sei Antisemitismus für die AfD jedoch nicht en vogue.

 

Schuster sprach u.a. auch davon, dass sowohl Medien als auch Verbände und Parteien zu oft „über die Stöckchen springen“, welche die AfD ihnen hinhalte. Nach dem „Vogelschiss“ Gaulands hätte Frank Plasberg richtig reagiert, als er ankündigte den Rechtsaußen nicht mehr einzuladen. Dies tue der AfD weh, da ihr so eine Bühne genommen werde, welche die Populisten unbedingt bräuchten. Jena kritisierte in dem Zusammenhang auch die einseitige Themensetzung in den politischen Talkshows der letzten Jahre. Es gehe fast immer nur um Flüchtlingspolitik. Es sollte jedoch auch über soziale Gerechtigkeit gesprochen werden und nicht immer nur über Themen, welche die Rechtspopulisten wollen. Göbel machte als Gründe für den Aufstieg der Rechten in Europa sowohl wirtschaftliche Ängste und soziale Deprivation aus, als auch eine Erosion der parlamentarischen Demokratie. Das Problem sei zum Teil auch hausgemacht, weil Nicht-Wähler viel zu lange ignoriert wurden.