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Die Mobilitätswende in Unterfranken

Unterfränkische SPD-Abgeordnete diskutierten mit Experten und Bürgern über Auswege aus der Mobilitätskrise

 Eine moderne Gesellschaft ist eine mobile Gesellschaft. Der Individualverkehr, der ganz auf Autos mit Verbrennungsmotor basiert, stößt jedoch an seine Grenzen. Im Rahmen einer Mobilitätskonferenz haben sich auf Einladung der vier unterfränkischen SPD-Landtagsabgeordneten namhafte Verkehrsexperten mit der „Mobilitätswende in Unterfranken 2030“ befasst. Auch gut 50 Bürgerinnen und Bürger, denen es reicht, täglich im Stau zu stehen, beteiligten sich an der ganztägigen Konferenz in den Würzburger Barockhäusern. „Nicht nur in Würzburg ist das Verkehrsaufkommen am Anschlag. Die jüngste Debatte über Feinstaub und Stickoxide ist nur die Spitze des Eisbergs“, fasste SPD-Abgeordneter Georg Rosenthal die Situation zusammen.

 

Es braucht einen Wandel in den Köpfen

Keine Frage, eine Straßenbahn zum Hubland ist für Würzburg ein Muss. Die Experten hatten jedoch eine ganze Reihe von weiteren Ideen und Konzepten parat, die andernorts bereits erprobt werden, und helfen, aus der Mobilitätskrise herauszuführen. Für Volkmar Halbleib, Abgeordneter für den Landkreis Würzburg, ist eine Regionalplanung, die den öffentlichen Nahverkehr ebenso wie den Wohnungsbau einbezieht, unumgänglich. Sicher ist jedoch: Ohne die Menschen wird es nicht gehen: „Entscheidend ist, dass auch ein Wandel in den Köpfen der Menschen vor sich geht“, stellte Kathi Petersen aus Schweinfurt fest.

 

Im Koalitionsvertrag, der etwa auf einen deutlichen Ausbau des Güter- und Personenfernverkehrs setzt, gebe es hoffnungsvolle Ansätze, schilderte der Bundestagsabgeordnete und SPD-Verkehrsexperte Martin Burkert seinen Eindruck. Auch scheint es in der Öffentlichkeit zunehmend die Bereitschaft zu geben, auf ein eigenes Auto zu verzichten. „Es gibt gerade unter den Jüngeren breite Tendenzen, den Verzicht auf ein Auto nicht mehr als Angriff auf die persönliche Freiheit zu betrachten“, hat etwa die Schweinfurt Abgeordnete Kathi Petersen beobachtet. Vor diesem Hintergrund sei es völlig kontraproduktiv, wenn Schüler in dem Moment, in dem sie eine Ausbildung beginnen, für Bus und Bahn selber zahlen müssten. „Unsere diesbezüglichen Vorstöße im Landtag wurden jedoch allesamt zurückgewiesen.“

 

Ein Werkzeugkasten für nachhaltige Mobilität 

An der geänderten Stimmungslage setzen die Experten an. Um eine bessere Anbindung des Umlands ging es Dr. Claus Doll vom Fraunhofer-Institut für System- und Innovationsforschung: Am Beispiel der Region Karlsruhe untersucht er, wie es gelingen kann, kleinere Gemeinden an die Zentren anzubinden. Er setzt auf eine attraktive Mischung, bei der auch Fahrradwege, Bürgerbusse und bezuschusste „Fiftyfiftytaxis“ eine wichtige Rolle spielen. Attraktive Orts- und Stadtteile mit einer lebendigen Struktur an Läden, Arztpraxen und Freizeitangeboten führen zudem dazu, dass es gar nicht erst nötig ist, sich ein Auto zuzulegen.

 

Der Verkehrsplaner Professor Gebhard Wulfhorst (TU München) nannte als Beispiel den neuen Münchner Stadtteil DomagkPark mit einem guten Carsharing-System und „Mobilitätsstationen“ für Pendler. Auf Maßnahmen, die es unattraktiv machen, mit dem eigenen Auto in die Stadt zu fahren, setzt zusätzlich Nicole Biedermann (Automotive & Mobility Management, TH Ingolstadt): Teurere Parkplätze und autofreie Zonen gehören zu ihrem „Werkzeugkasten“ für eine nachhaltige Mobilität ebenso wie eine umsichtige Stadtplanung wie sie beispielsweise in Kopenhagen erfolgt. Auch dazu gehört das Carsharing und ein Ausbau der nichtmotorisierten Verkehrsmittel.

 

Auch in Würzburg muss sich etwas tun 

Einen Schwerpunkt der Konferenz bildete die Region Würzburg. Der Klimaschutzmanager der Stadt Würzburg Philipp Mähler zeigte, was die Stadt Würzburg schon erreicht hat. Es soll aber noch deutlich mehr geschehen: „Unser Ziel ist es, den Emissionsausstoß von 1990 zu halbieren.“ Als Beispiele nannte er den Aufbau eines attraktiven Carsharing-Angebots und den Verzicht auf Firmenwagen durch die Stadt, die auf Carsharing und Elektro-Fahrzeuge setzt. Professor Alexander Schraml vom Kommunalunternehmen des Landkreises berichtete von der geplanten Erweiterung des Würzburger Verkehrsverbunds und Projekten wie dem ServiceTaxi, Gemeindeautos sowie Firmen-, Senioren- und Gästeabos für den ÖPNV.

 

Von den Bürgern gab es eine ganze Reihe von Hinweisen, wo es hakt: Von überfüllten Waggons auf der Eisenbahnstrecke Schweinfurt-Nürnberg, einer Wiederbelebung der Bachgaubahn, einer mangelhaften Auskunft über die Fahrpläne oder einer fehlenden App für das Mobiltelefon bis zu nicht überdachten Haltestellen, die die Fahrgäste im Regen stehen lassen, reichten die Anregungen.

 

Die Aschaffenburger Abgeordnete Martina Fehlner berichtete in diesem Zusammenhang von einigen Projekten am Bayerischen Untermain: „Im Moment wird beispielsweise intensiv über die Reaktivierung der Bachgaubahn von Großostheim nach Aschaffenburg diskutiert. Das würde den Individualverkehr auf dieser Route sicherlich entlasten. Auch die Elektrifizierung der Maintalbahn zwischen Miltenberg und Aschaffenburg und er Hafenbahn in Aschaffenburg sind wichtige Vorhaben in Bezug auf eine Reduzierung des Dieselverkehrs im Bahnnetz Bayern.“