BAD KISSINGEN
Begünstigt durch die warmen und trockenen Mai- und Junimonate der letzten Jahre hat sich der Eichenprozessionsspinner in unserer Region stark verbreiten können. Diese Nachtfalterart bevorzugt warm-trockenes Klima und breitet sich aufgrund der Klimaveränderungen bereits seit 30 Jahren immer stärker in Deutschland aus. Das gehäufte Auftreten dieser Nachtfalter bereitet nicht nur allen Eichenarten Probleme. Die Haare der buschigen Raupen sind auch für Mensch und Tier gefährlich, denn sie lösen heftige allergische Reaktionen aus.
Vom Ei über die Raupe zum Falter
Als Insekt des Offenlandes bevorzugt der Falter zur Eiablage frei in der Sonne stehende Eichen. Die finden sich häufig an Waldrändern, aber auch in Wohngebieten, Parks und öffentlichen Grünanlagen. In Trockenjahren kann es zu Massenvermehrungen kommen und dann befällt der Eichenprozessionsspinner auch jüngere Bäume und sogar große, geschlossene Waldgebiete. Mit dem Austreiben der Eichenblätter im Mai schlüpfen die Raupen aus den bereits im Spätsommer des Vorjahres abgelegten Eiern. Die von Anfang an stark behaarten Raupen werden 4 bis 5 cm lang und durchlaufen bis zur Verpuppung sechs Larvenstadien. Ab dem 3. Stadium werden die mit Widerhaken versehenen Brennhaare mit dem Nesselgift Thaumetopein entwickelt, das bei Hautkontakt sehr gefährlich ist. Der kritischste Zeitraum dabei ist von Juni bis Ende August. Die Raupen leben in geselligen Verbänden und wandern nachts zusammen, in langen Prozessionen auf Nahrungssuche – daher stammt der deutsche Name der Falterart. Temperaturabhängig verpuppen sich die Altraupen Mitte bis Ende Juni. Dazu spinnen sie sich in ockerfarbenen Kokons ein und bilden ein sehr großes Gespinstnest am Stamm oder in Astgabeln. Diese Nester bleiben auch nach dem Schlupf der Falter als feste Gebilde mit Häutungsresten und Raupenkot am Baum erhalten. Das Toxin der darin enthaltenen Raupenhaare bleibt für mehrere Jahre aktiv und gefährlich!
Gefahr für Mensch und Tier
Die Brennhaare der Raupen reizen bei Hautkontakt die Oberhaut und die Schleimhäute und führen zu allergischen Reaktionen. Das kann starken Juckreiz und Hautentzündungen verursachen. Beim Einatmen der Härchen kann es zur Reizungen der Atemwege kommen und bis zur Atemnot führen. Da der Eichenprozessionsspinner sich bei uns zunehmend wohl fühlt und nicht auszurotten ist, müssen wir lernen mit ihm zu leben. Beim Aufenthalt in der Nähe von freistehenden Eichen sollte immer auf Nester des Eichenprozessionsspinners geachtet werden. Die Raupen und ihre Nester sollten auf keinen Fall berührt werden! Schützen Sie empfindliche Hautbereiche wie Hals und Unterarme. Bei Kontakt mit Raupenhaaren wechseln Sie unverzüglich die Kleidung, am besten noch im Freien, und waschen sie anschließend bei 60 Grad. Sichtbare Raupenhaare können mit einem Klebestreifen entfernt werden. Duschen Sie sich und ihre Haare gründlich ab, um mögliche, anhaftende Brennhaare abzuspülen. Gegen Juckreiz helfen Präparate, die auch bei Insektenstichen verwendet werden. Bei Auftreten starker allergischer Symptome sollte ein Arzt aufgesucht werden. Betroffene Gegenstände wie Autos sollten abgewaschen werden. Auch für Tiere, vor allem herumschnüffelnde Hunde, sind die Raupen sehr gefährlich und bei Kontakt solle man betroffene Stellen abwaschen, kühlen und eventuell einen Tierarzt konsultieren.
Raupennester melden – nicht selbst entfernen!
Versuchen Sie nicht selbst Raupennester zu beseitigen. Dies sollte nur durch Fachleute mit entsprechender Schutzausrüstung erledigt werden. Falls Sie Nester entdecken, können Sie diese bei der Stadt Bad Kissingen unter der Telefonnummer 0971 807-3355 melden. Die Nester des Eichenprozessionsspinners befinden sich in der Regel an Eichen und sind nicht zu verwechseln mit den Nestern der Gespinstmotten, die sich an den Triebspitzen vor allem von Pfaffenhüten oder Obstbäumen befinden.
Einsatz von natürlichem Gegenspieler
Die Stadt Bad Kissingen kontrolliert im Zeitraum Mai und Juni ihre Eichen an sensiblen Standorten wie Schwimmbad, Spielplätze und Friedhöfe. Werden Raupennester entdeckt, werden diese durch eine Baumpflegefirma entfernt. Die diesjährige Behandlung findet diese Woche in den frühen Morgenstunden statt. Dabei werden Nematoden (Fadenwürmer) ausgebracht, die natürliche Gegenspieler des Eichenprozessionsspinners sind und in diesem Fall ein sogenannter Nützling. Diese Nematoden sind Parasitoide, d.h. sie dringen in die Raupen ein und töten ihren Wirt letztendlich ab. Das Besprühen der Prozessionsspinnerlarven mit Nematoden ist aber nur bis zum 3. Larvenstadium erfolgreich. Für Mensch und Umwelt ist diese Behandlung ungefährlich, da die Nematoden sehr spezialisierte Organismen sind. Der Erfolg dieser Art von Behandlung zeigt sich bereits in einer deutlich reduzierten Anzahl an Raupennestern im Vergleich zu vorangegangenen Jahren.