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Hochsensibilität in Zeiten der Krise und Wandels

BAD KISSINGEN

Am 23. Juni 2021 hat die Akademie Heiligenfeld zu einem Vortrag im Rahmen der Vortragsreihe Heiligenfelder Gespräche eingeladen. Pandemiebedingt fand die Veranstaltung online statt. Referent war Dr. Hans-Peter Selmaier, Chefarzt der Parkklinik Heiligenfeld in Bad Kissingen, der zum Thema „Die Kraft der Hochsensibilität in Zeiten der Krise und des Wandels“ sprach. Mehr als 150 Teilnehmer folgten den interaktiven Vortrag vor dem Bildschirm deutschlandweit.

 

Nach Elaine Aron sind hochsensible Personen schnell überstimuliert, haben eine niedrigere Reizschwelle, zeigen emotionale Reaktionen, besitzen eine hohe Empathie und große Verarbeitungstiefe. Verschiedene Forschungsergebnisse zeigen, dass drei bis 25 Prozente der Menschen dieses Persönlichkeitsmerkmal haben. Laut einer Umfrage unter den 150 Teilnehmenden waren es 80 Prozent. Dr. Hans-Peter Selmaier ging in seinem Vortrag auf die Persönlichkeitstypologie nach C. G. Jung ein und veranschaulichte dabei, dass gerade die Intuition, die große Vorstellungskraft und das extrovertierte Fühlen eine Gabe der Hochsensibilität ist. Gleichwohl sind Krisen und Veränderungen eine Herausforderung für sensitive Persönlichkeiten. Krise beschrieb Selmaier als einen Zustand, bei dem jemand mit erheblichen Schwierigkeiten konfrontiert wird, für dessen Bewältigung noch Lösungsstrategien fehlen. Wir sind ständig im Wandel, sagte Selmaier. Fundamentale Veränderungen, wie die Globalisierung der Wirtschaft, die digitale Revolution, die globale Migration, der demografische oder der Klimawandel stellen das Individuum und die Gesellschaft vor Herausforderungen. Werden diese aber gemeistert, bieten sie Chancen für eine bessere Zukunft, sagte Selmaier. Hochsensible Persönlichkeiten empfinden die Krise und dem damit verbundenen Wandel unter Corona unter anderem als eine Ohnmacht und Kontrollverlust bei erhöhter Verantwortung, Kontaktarmut und Distanzierung führt zur sozialen Isolation. Die Auflösung gewohnter Abläufe und Strukturen, die ständig wechselnden Vorgaben, die Betreuung der Kinder zuhause, sowie eventuelle häusliche und gesellschaftliche Konfliktspannungen führen zu erhöhter Belastung bei gleichzeitiger Beeinträchtigung medizinischer Versorgung einschließlich der Prävention. Nach einer körperorientierten Übung, dem Body-Scan, zeigte Selmaier auf, welche Gaben hochsensible Menschen gerade in der Krise und dem Wandel nutzen können. Sensitive Persönlichkeiten haben eine ausgeprägte Wahrnehmung und erkennen somit Chancen, Ressourcen und Gefahren, sie denken analytisch und erfassen komplexe Zusammenhänge, sie sind gute Zuhörer und erspüren die Not anderer, können aber auch durch ihre Emotionalität, Begeisterungsfähigkeit und ihr Mitgefühl andere anstecken und etwas vorantreiben. Da hochsensible Menschen schon ein Leben lang üben mussten mit Stress umzugehen, weisen sie in der Regel eine große Resilienz auf. Sollte dennoch in der Krise und dem Wandel es zu Überforderung kommen, riet Selmaier, das Vermeiden von Vergleichen, die Selbstakzeptanz, sowie das Erkennen, Testen und Setzen von Grenzen. Selmaier ging zudem auf das Identifizieren und Überprüfen von Glaubenssätzen ein. Negative Glaubenssätze kann man wandeln, indem man sie erst einmal abschwächt und umformuliert, sagte er. Ein besonderes Anliegen war für Selmaier in seinem Vortrag die Förderung der psychischen Gesundheit bei hochsensiblen Kindern. Es ist wichtig, gerade jetzt die Beziehungsfähigkeit, die Veränderungsfähigkeit, die Konfliktfähigkeit und das Selbstvertrauen bei Kindern zu fördern, sagte Selmaier. Dies kann unter anderem durch „Wenn-dann“-Gespräche, der „Schatzsuche“ von Potentialen und Hilfen beim Aufbau von Freundschaften sein. Nach weiteren Tipps zur gesunden Lebensgestaltung, Achtsamkeit und Spiritualität, endete Selmaier seinen Vortrag mit der Bergmeditation nach Jon Kabat-Zinn. In der anschließenden Fragerunde griff die Moderatorin des Heiligenfelder Gespräches Anita Schmitt einige Fragen der Teilnehmer aus dem Chat auf, die Dr. Hans-Peter Selmaier beantwortete. Die Rückmeldungen zeigten die Dankbarkeit für die vielen konkreten Tipps, die nun im Alltag umgesetzt werden können.

 

Fotos: Dr. Hans-Peter Selmaier beim Vortrag im Onlinestudio der Akademie Heiligenfeld Fotograf: Anita Schmitt