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Jahrhundertealte Traditionspflege auf dem Main

Welche wichtigen Aufgaben die Fischerzunft Randersacker heute noch hat

Randersacker:  Schon im späten Mittelalter hatten sich in größeren Städten, aber auch kleineren Ortschaften Fischerzünfte gebildet. Über Jahrhunderte gehen die Zunftler seither ihrer Hauptaufgabe nach: der Hege und Pflege der Fische. Die Zunft kümmert sich auch heute noch um den Fischbesatz, um die Uferbereiche, um die letzten naturnahen Lebensräume – und darum, dass Einflüsse wie der Kormoran, Dürren und die rege Nutzung des Flusses die Auswirkungen auf die Fischpopulation des Mains in Grenzen halten.

 

Doch an die lange Tradition denkt heute kaum noch jemand. Viele der Handwerkszünfte wurden im Laufe der Jahrhunderte aufgelöst, vereinzelt bildeten sich danach Vereine, die die Tradition weiter pflegen. „Es ist ein altes Handwerk, was leider fast ausgestorben ist“, weiß Michael Holl vom Verein Fischerzunft Randersacker e.V., den es seit 1712 gibt. Aus diesem Grund wollte sich Landrat Thomas Eberth vor Ort (und auf dem Main) ein Bild von der Arbeit der traditionellen Zunft machen – bei strömendem Regen Mitte Januar. „Die Zünfte haben in den Köpfen der Menschen leider an Bedeutung verloren, obwohl die Aufgaben weiterhin sehr wichtig sind. Wie die Arbeit genau aussieht, ist selbst mir nicht bewusst. Der Ortstermin diente dazu, die Zunft, aber auch das Portfolio an Aufgaben und Herausforderungen kennenzulernen“, sagt Eberth.

 

Fest zugeteilte Fischwasserstrecke

Die Fischereirechte hat früher der Fürstbischof verteilt und dabei auch festgelegt, welche Zunft welche Fischwasserstrecke zugeteilt bekommt. Die Fischerzunft Randersacker teilt sich „ihren“ Abschnitt mit den Angelfischern und anderen Zünften, wie der Fischerzunft Würzburg, nach eigenen Angaben eine der ältesten Zünfte Europas. „Konkurrenzdenken gibt es hier natürlich nicht, der Main ist groß genug“, erklärt Holl.

 

Wenngleich heute keines der rund 20 Mitglieder mehr von der Fischerei leben muss, so treffen sich die Zunftmitglieder regelmäßig zum gemeinschaftlichen Fang, in der Saison mehrmals im Monat. Die Schonzeit für die Fische erstreckt sich je nach Art von Februar bis Ende April/Mai. Von den Hobbyanglern unterscheidet sie, dass sie die alten Fangmethoden der Fischer weiterhin anwenden dürfen, also beispielsweise den Fischfang mit Netzen. Früher war die Fischerzunft rein männlich geprägt, heute ist dies anders. Unter den 20 Mitgliedern sind auch sieben Frauen. „Ich bin dankbar, dass es noch Menschen im Landkreis gibt, die die Tradition und den Main – auch bei Wind und Wetter – hegen und pflegen“, sagt Landrat Thomas Eberth.

 

Invasive Arten sind eine Herausforderung für den heimischen Fischbestand

Zu den wichtigen Aufgaben zählt es auch, Jungtiere auszusetzen, um den Fischbestand im Main auszugleichen. „Fischrecht heißt auch Fischpflicht. Es ist kein exklusives Privileg und Geschenk, was wir zugeteilt bekommen haben, sondern ist mit Verantwortung und Pflichten verbunden“, betont Michael Holl. Erfreulicherweise beobachten die Mitglieder, dass der Barsch-Bestand – ein Zeichen für sauberes Flusswasser – in den vergangenen Jahren zugenommen hat. Auf der anderen Seite sei der Zander-Bestand rückläufig. Ein Grund: Invasive Arten wie die Grundeln haben sich im Main ausgebreitet und fressen auch den Fischlaich der heimischen Arten. Auch der Kamberkrebs ist immer öfter in Netzen zu finden. „Die eingeschleppten Krebse aus Nordamerika machen sich bei uns breit und übertragen ihren europäischen Artgenossen die für sie tödliche Krebspest. Der Kamberkrebs selbst ist gegen die Krankheit immun“, weiß Michael Holl.

 

Eine Herausforderung sind natürlich auch Hitzesommer. Um die Fische gerade in den extrem heißen Monaten nicht noch mehr zu stressen, fischen die Mitglieder in dieser Zeit nicht im Main. Bei Naturkatastrophen unterstützt die Fischerzunft zudem Hilfskräfte mit ihren Booten – zuletzt beim Hochwasser 2011.

 

Fische für die lokale Gastronomie

Speisefische, die die Zunft aus den Netzen zieht, werden an die lokale Gastronomie verkauft. Eine Bio-Zertifizierung gibt es dafür zwar grundsätzlich bei den Mainfischen nicht, aber für die regionale Wertschöpfung ist das eine wichtige Säule. Eingenommenes Geld wird wiederum verwendet, um neue Jungfische zu kaufen und auszusetzen. „Auch die Fischerzünfte sind dem Fluss der Zeit ausgesetzt. Klimawandel, extreme Mainnutzung, Ausbreitung invasiver Arten: Die Herausforderungen für die Zunftler werden nicht weniger – im Gegenteil, sie steigen. Umso wichtiger ist es, dass die Zunftsvereine der Region nicht aussterben und weiterhin begeisterte Mitglieder finden“, betont Landrat Thomas Eberth rückblickend auf den Ortstermin.

Bildunterschrift 1: Bereits im Jahr 1712 war die Fischerzunft Randersacker auf dem Main unterwegs. Heute zählt sie 20 Mitglieder. Die Zunftsmitglieder Michael Holl (r.) und Hermann Holl (Mitte) stellten Landrat Thomas Eberth Mitte Januar die Aufgaben auf dem Main vor. Foto: Lucas Kesselhut

Bildunterschrift 2: Durch das Fischen im Main können die erfahrenen Zunftmitglieder erkennen, welche Arten sich im Main unerwünscht ausbreiten beziehungsweise welche Bestände im Laufe der Zeit zu- oder abnehmen. Auch für den gastronomischen oder privaten Zweck werfen die Zunftler die Netze aus. Fische werden beispielsweise an lokale Restaurants verkauft. Landrat Thomas Eberth (links) unterstützte Hermann Holl auf dem Boot.  Foto: Lucas Kesselhut