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Neujahrsempfang 2021

OB sieht Entwicklungschancen trotz Corona

Aufgrund der Corona-Pandemie ist Würzburg auch beim diesjährigen Neujahrsempfang neue, digitale Wege gegangen. Zum ersten Mal fand der traditionelle, immer gut besuchte Neujahrsempfang, rein virtuell als Live-Stream live auf TV Mainfranken und auf der Homepage der Stadt Würzburg www.wuerzburg.de statt. Dort wird der Neujahrsempfang ab Montag auch „relive“ abrufbar sein. Auch auf www.tvmainfranken.de/mediathek/video/neujahrsempfang-stadt-wuerzburg-am-10-01-2021/ kann man sich die Sondersendung noch einmal ansehen. Die Übertragung erfolgte auch in Gebärdensprache.

 

Oberbürgermeister Christian Schuchardt betonte natürlich die Veränderungen, die die Pandemie mit sich gebracht haben. Schuchardt sprach den Verlust zwischenmenschlicher Begegnungen, subjektives Unbehagen, den erheblichen Verlust an gewohnter Lebensqualität, aber auch die Erfahrung der Entschleunigung und den Erhalt der Handlungsfähigkeit dank digitaler Kommunikationswege an. „Wohl noch nie haben wir kollektiv so intensiv erlebt, wie sehr wir Menschen voneinander abhängig sind. Dürfen wir hoffen, dass diese Erfahrung eine stärkere Gemeinwohlorientierung, eine Stärkung des Gemeinsinns und des gesellschaftlichen Zusammenhalts bewirkt?“ Alles, so Schuchardt, hänge davon ab, die Pandemie möglichst schnell in den Griff zu bekommen. Denn die Gefahr sei groß, warnte er, dass auf längere Sicht auch von dieser Krise wieder „Populisten und Extremisten profitieren und eine sich fortsetzende gesellschaftliche Spaltung und Polarisierung die Stabilität und Handlungsfähigkeit unserer Demokratie beeinträchtigt.“ Dabei biete die Corona-Krise die einmalige Chance, als Gesellschaft existenzielle Fragen zu reflektieren: „Was ist wichtig im Leben? Wie wollen wir künftig leben?“

 

Für die Gestaltung des (zukünftigen) Lebens erfülle die Stadtverwaltung hochmotiviert auch in Corona-Zeiten ihre Aufgaben. Neben den täglichen Tätigkeiten organisiert die Stadt Würzburg als untere Katastrophenschutzbehörde den Kampf gegen das Virus und unternehme Initiativen, um die Folgen der Pandemie für die Bevölkerung abzumildern. Als Beispiele nannte das Stadtoberhaupt hier die Zusammenarbeit mit Hilfsorganisationen zur Versorgung bedürftiger Menschen und alleinstehender Senioren mit Lebensmitteln, den Aufbau einer Online-Nachhilfe, Runde Tische für Hilfen für Kulturschaffende.

 

„Gleichzeitig ist es uns 2020 trotz Corona gelungen, Würzburg weiter voranzubringen“, blickte Schuchardt zurück und nannte exemplarisch die Sanierung der Grundschule Dürrbachgrund, das Richtfest für den Erweiterungsbau des Wirsberg-Gymnsiums und die Einweihung des Nordbades bei der Wolffskeel-Realschule. Am Hubland entstünden deutlich noch mehr Wohnungen als geplant, in Lengfeld wurden die Rahmenpläne für zwei neue Baugebiete beschlossen und im zentralen Feld des Klimaschutzes die Mobilitätswende vorangetrieben mit der Anschaffung erster Elektrobusse, der Einführung des 365-Euro-Tickets für Schüler und Auszubildende, dem weiteren Ausbau des Radwegenetzes und der Errichtung des Mobilitätsmonitors am Hauptbahnhof.

 

Finanziell sei Würzburg aufgrund guten Wirtschaftens in den letzten Jahren trotz deutlich gesunkener Steuereinnahmen mit einem blauen Auge davon gekommen und im nächsten Jahr würde wieder investiert werden, allein über 50 Millionen Euro in Baumaßnahmen. „Gleichzeitig setzen wir Prioritäten und sparen auch, um finanziell handlungsfähig zu bleiben.“ Denn Corona verändere unser Leben, unsere Gesellschaft und unsere Kommunen. Auch die Stadt werde sich daher ein Stück weit neu erfinden müssen. „Covid beschleunigt den Wandel, aber wir sind fähig, unser Verhalten und unseren Lebensstil, wenn nötig, radikal zu ändern und den Wandel aktiv zu gestalten. Lassen sie uns die Krise als Chance nutzen, seien wir zuversichtlich“, sprach er den Würzburgerinnen und Würzburger Mut für 2021 zu.

 

Als Gastredner war der Wirtschaftsweise Prof. Dr. Lars Feld aus Freiburg zugeschaltet. Er lieferte eine komprimierte und differenzierte Analyse zur Lage der deutschen Wirtschaft in Corona-Zeiten. Auch wenn das Virus nicht fair sei und Branchen sehr unterschiedlich hart treffe, gebe das Gesamtbild zum jetzigen Zeitpunkt genügend Anlass für einen optimistischen Ausblick ins neue Jahr. Durch die Schuldenbremse habe man seit 2010 eine gute Vorarbeit für die aktuelle Krisenbewältigung geleistet. Der vergleichsweise niedrige Schuldenstand ermögliche nun zahlreiche Konjunkturanreize. Bei diesen Maßnahmen habe die Politik bislang viel richtig gemacht, wenn auch im Detail noch nachgesteuert werden könne. Beispielsweise habe die Umsatzsteuersenkung laut Professor Feld einen schwächeren Effekt gehabt als erhofft und auch das Steuerungsinstrument Verlustrücktrag verdiene noch mehr Beachtung.

 

Der Wirtschaftsweise bedauerte in Würzburg nur per Schalte sprechen zu können, gerne hätte er hier Freunde getroffen, beispielsweise auch den früheren Wirtschaftsweisen Prof. Dr. Peter Bofinger.

 


Im Rahmen des Neujahrsempfangs ehrte Oberbürgermeister Christian Schuchardt zwei Würzburger Bürger mit der Ehrenmedaille des Oberbürgermeisters. Professor Dr. Georg Ertl war 1981 als Wissenschaftlicher Assistent an die Medizinische Klinik der Würzburger Julius-Maximilians-Universität gekommen. Er leitete von 1999 bis 2017 als Direktor die Medizinische Klinik I und einen Lehrstuhl für Innere Medizin an der Medizinischen Fakultät. Dieser Fakultät stand er darüber hinaus von 2004 bis 2006 als Dekan vor. 2016 bis Ende 2020 stand er als Ärztlicher Direktor an der Spitze des gesamten Universitätsklinikum und war damit für die strategische Aus-richtung der Klinik verantwortlich. Als Wissenschaftler gehört er zu den weltweit führenden Experten für Herzinsuffizienz und für moderne Bildgebungsverfahren des Herzens. Auf seine Initiative wurde 2011 das Deutsche Zentrum für Herzinsuffizienz auch zu einer zentralen Einrichtung der Gesundheitsversorgung für die Region. Das Universitätsklinikum selbst führte er als Leiter im letzten Jahr höchst erfolgreich durch die Corona-Krise.

 

„Sie haben sich um das nationale und internationale Renommee Würzburgs als Stadt des Wissens und der Bildung, um die Stärkung unseres Wissenschaftsstandorts und der Gesundheitsregion Mainfranken und um die Gesundheitsversorgung der Menschen in unserer Region herausragende Verdienste erworben“, würdigte Schuchardt bei der Verleihung der Ehrenmedaille. Im Kampf gegen die Pandemie habe das UKW unter Ertls Führung eine regionale Vorreiterrolle übernommen. „Wir standen ab März mit Experten des Klinikums in ganz engem Austausch und ich bin außerordentlich dankbar für die tatkräftige Unterstützung.“ Professor Ertl genießt hohes Ansehen in der Fachwelt, belegt neben vielen Preisen insbesondere durch die Berufung in die Deutsche Akademie der Naturforscher Leopoldina. Professor Ertl bedankte sich für die Auszeichnung der Stadt Würzburg, die in den letzten Jahrzehnten zu seiner Heimatstadt geworden ist. Ebenfalls groß war seine Freude zum ersten Mal seit langer Zeit wieder ein Live-Konzert zu hören. Das Trio Würzburg mit Prof. Manfred Lindner (Klarinette), Stefanie Rahm (Fagott) und Hagen Bickel (Klarinette) sorgte für die musikalische Umrahmung im Ratssaal und in den zugeschalteten Wohnzimmern.

 

Die zweite Auszeichnung im Rahmen des Neujahrsempfangs ging an Jonas Hermes Er befand sich seit Mitte Dezember nicht in Würzburg, sondern in Bosnien. Dort half er, rund um das ehemalige Camp Lipa bei der Versorgung der Menschen. Hermes ist nicht nur Musiker, sondern prägt das Gesicht der Stadt auch auf sozialem Bereich. Im Herbst 2014 war er federführend an der Gründung der Initiative „WIMU- Willkommen mit Musik“ beteiligt und hat bis heute die Leitung dieser solidarischen Musikschule inne. Dieses musikalisch-soziale Engagement wurde ausgeweitet zunächst in Trägerschaft des Theaters am Neunerplatz und seit 2019 mit einem neugegründeten gemeinnützigen Verein mit Schülern und Schülerinnen in der Mönchbergschule, die „Teestuben“ und die „Miniklinkenpartys“. Es folgten ein Chor in der Gemeinschaftsunterkunft, Kooperationen mit der Mittelschule Zellerau und dem Spieli, dem Familienstützpunkt im Reuterhaus in Heidingsfeld, Projekte an der bayerischen Musikakademie Hammelburg sowie Angebote im Landkreis und in der Aufnahmeeinrichtung in Schweinfurt. Mit WiMu erhielt Hermes bereits Preise wie den PICK UP 2015 den bayerischen Sonderpreis „Rockmusik in Schule und Gesellschaft“, die Kulturmedaille der Stadt Würzburg 2016 und den „Integrationspreises der Regierung von Unterfranken“ im Jahr 2017.

 

Im Frühjahr diesen Jahres während des ersten Lockdowns organisierte er aufgrund der Schließung der Tafel zusammen mit St. Egidio, Hermine e.V., dem Sozialreferat und den Hilfsorganisationen die mobile Versorgung bedürftiger Menschen in Würzburg. „Sie haben in den letzten fünf Jahren das Gesicht und das Herz Würzburgs als Stadt der Hilfsbereitschaft, der Integration, der Bildung, der Kultur und der Nächstenliebe mitgeprägt und sich in meinen Augen herausragende Verdienste erworben“, würdigte Schuchardt mit der Verleihung der Ehrenmedaille ganz besonders das soziale Engagement von Jonas Hermes, nicht zuletzt in Bosnien.