LANDKREIS KITZINGEN - Am 11. März 2020 wurde der erste Corona-Fall im Landkreis Kitzingen bekannt. Etwa zwei Wochen später waren es schon 18 Fälle. In dieser Anfangszeit war neben den mangelnden Corona-Tests vor allem auch die sinnvolle und strukturierte Nachverfolgung der Fälle und ihrer Kontaktpersonen eine große Herausforderung.
„Für eine Pandemie mit den komplexen Herausforderungen der Kontaktnachverfolgung und Quarantäne-Management liegt natürlich keine Software in der Schublade“, erklärt Mike Mancik, der Chef des Sachgebiets Informations- und Kommunikationstechnik am Landratsamt Kitzingen. Anfangs ging es deshalb auch im Gesundheitsamt Kitzingen nicht anders, als mit Excel-Listen zu arbeiten. „Es war aber schnell klar, dass das nicht die Lösung sein kann und die Kollegen im Gesundheitsamt ein sinnvolles Programm brauchen“, erklärt Mancik. Für den EDV-Chef eine Feuertaufe, schließlich hatte er das Sachgebiet erst kurz vorher übernommen und war von der Stadt Würzburg nach Kitzingen gewechselt. Ein echter Glücksfall, denn Mike Mancik kann programmieren und so entstand in vielen Nachtschichten eine eigene „Corona-Software made in Kitzingen“, die passgenau auf die Anforderungen und Wünsche des Gesundheitsamts abgestimmt war und in den Folgemonaten immer weiter angepasst werden konnte.
„Ohne Mike Mancik und die gesamte EDV wäre unsere Arbeit noch wesentlich aufwändiger und komplizierter gewesen“, ist sich Dr. Jan Allmanritter, der Leiter des Gesundheitsamts sicher. Viele Monate konnte das Gesundheitsamt hervorragend und effektiv mit dem Programm arbeiten. Da es in Deutschland aber kein einheitliches System zur Corona-Verwaltung gab und in einigen Gesundheitsämtern immer noch mit Excel-Tabellen hantiert wurde, beschloss Mitte November die Bundesregierung den kompletten Umstieg aller Gesundheitsämter auf Sormas, eine Pandemiesoftware.
Man sagt eigentlich: „Never change a running system“ – ändere nie ein funktionierendes System“, doch nun Ende Januar war es soweit und auch das Gesundheitsamt in Kitzingen stellte auf Sormas um. Ein Kraftakt, der neben wochenlanger intensiver Vorbereitungszeit der EDV und einzelner Mitarbeiter des Gesundheitsamts ein gesamtes Wochenende inklusive Nachtschichten bedeutete.
Über ein Testsystem konnten im Vorfeld die Funktionen geprüft und die Migration der Daten ausgearbeitet werden. Die bestehenden tausenden Adressen mussten nochmals geprüft und auf das Format von Sormas angepasst werden. Benötigte Geo-Daten wurden anschließend anhand der Adressen abgerufen, denn Sormas bietet hier eine grafische Ansicht um Infektionsherde schneller erkennen zu können. Orte können bis auf die Ebene einzelner Straßenzüge und Häuser in einer Karte angezeigt werden. Ein weiterer Vorteil: zukünftig soll es dem Corona-Patienten möglich sein, selbständig über ein Symptomtagebuch die Symptome zu erfassen und so das Gesundheitsamt zu entlasten, erklärt Mike Mancik. Doch bis dahin war und ist es noch ein langer Weg.
Die Umstellung war für das letzte Januarwochenende geplant und vorbereitet. Freitag, 13 Uhr, startete die Datenübernahme. Das Gesundheitsamt stoppte die elektronische Erfassung der Fälle in der eigenen Coronaverwaltung und führte die Bearbeitung in Papierform weiter. Gleichzeitig exportierte ein Team die Daten (Tausende seit März 2020) und versuchte diese fehlerfrei in kleinen Paketen zu migrieren. Nach mehreren Rückschlägen, Anrufen beim Support und immer wieder auftretenden Fehlern, war es am Sontag Abend endlich geschafft: alle Datensätze waren im bald deutschlandweit eingesetzten System fristgerecht übernommen.
In den folgenden Tagen wurden dann die noch nicht erfassten Fälle des Wochenendes nachgetragen und seitdem heißt es arbeiten im Echtbetrieb mit Sormas. Es läuft noch nicht alles rund und die Liste mit Fragen und Anliegen an den Support von Sormas ist sehr lang. Auch die Mitarbeiter des Gesundheitsamtes müssen sich umstellen, denn die Bearbeitung ist erheblich aufwändiger und einige Schnittstellen sind bundesweit noch nicht integriert, wie das Symptomtagebuch. Wenn aber bald alle Funktionen zur Verfügung stehen, Kinderkrankheiten bereinigt und das Team in der Nutzung eingespielt ist, hoffen alle auf einen Mehrwert, denn künftig können unter anderem durch die Schnittstellen Informationen medienbruchfrei zwischen den einzelnen Behörden digital und schneller ausgetauscht werden.
„Ohne Digitalisierung geht heute Nichts mehr“, weiß auch Landrätin Tamara Bischof, die auf den Einsatz ihrer Mitarbeiter, die an der Umstellung auf die neue Software bei laufendem Betrieb beteiligt waren, sehr stolz ist und betont: „Ohne unsere EDV wäre in den vergangenen Monaten vieles sicher nicht so reibungslos gelaufen. Seit fast 365 Tagen sind sie quasi rund um die Uhr erreichbar.“ Aktuell bedeutet unter anderem die Einrichtung und Betreuung der zahlreichen mobilen Arbeitsplätze einen enormen zusätzlichen Arbeitsaufwand für die Mitarbeiter, parallellaufend zur normalen Arbeit.