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Tunnelsystem auf dem Hubland wird Fledermauswinterquartier:

Ein Winterhaus für Batman & Co.

Im Grunde war es eigentlich nur ein glücklicher Umstand und eine Chance, die ergriffen wurde. Bei Kampfmittelräumungen entdeckten Mitarbeiter im Frühjahr 2017 auf dem Gelände der ehemaligen Leighton Barracks am Elferweg ein unterirdisches Tunnelsystem. Vermutlich diente diese Anlage, geschaffen im Zweiten Weltkrieg, dem damaligen Fliegerhorst und den benachbarten Mannschaftshäusern als Luftschutzbunker. Die drei Eingänge wurden von der US-Armee verfüllt und - irgendwann vergessen. „Es gab keine Planungen, keine Aufzeichnungen, die Anlage war uns unbekannt“, berichtet Claudia Kaspar, Fachbereichsleiterin Stadtplanung der Stadt Würzburg. Das Tunnelsystem besteht aus einem Hauptgang mit drei Zugangstunneln und ist etwa 350 Meter lang. Der Tunnel wurde waagerecht in den Hang des Kürnacher Bergs getrieben, an manchen Stellen liegt er bis zu 20 Meter tief in der Erde. Im Zuge der Entwicklungsmaßnahmen für den neuen Stadtteil stellte sich die Frage, was mit einem solchen Stollensystem anzufangen wäre. Zuschütten? Auffüllen? Begehbar und offen lassen?

Die kluge Entscheidung fiel mit Blick auf Umwelt- und Naturschutz. Das Hubland dient in den Sommermonaten mit seinem alten Baumbestand bereits nachweislich verschiedenen Fledermausarten als Lebensraum, im Sommer finden sie in zahlreichen Fledermauskästen Unterschlupf. Es fehlt jedoch ein geeigneter frostsicherer Rückzugsort für die Säugetiere während des Winterschlafs. Durch die Eigenschaften des Tunnelsystems mit hoher Luftfeuchtigkeit, guten Versteckmöglichkeiten, Frostfreiheit, Schutz vor Fressfeinden und Störungen, ist der Tunnel wie gemacht als Winterquartier für Fledermäuse. Dies prüfte und bestätigte das Institut für Umweltfragen aus Heidelberg (IUS). Nach Vorberatungen in der Lenkungsgruppe Konversion war schnell klar: Wir setzen das so um. Der Konversionsausschuss bewilligte die Mittel und im Frühjahr 2019 wurde mit der Freilegung der Tunneleingänge begonnen. Etwa die Hälfte der Anlage wird als Fledermauswinterquartier ausgebaut. Komplett nutzbar als Quartier für Batman und Batwoman ist die gesamte Anlage nicht. Denn der östliche Abschnitt liegt in Teilen unter späteren Baugrundstücken. Um mögliche Auswirkungen auf die oberhalb geplanten Grundstücke auszuschließen, wird dieser Abschnitt dauerhaft verfüllt. Der östliche Eingang wird ebenfalls verfüllt. Über den westlichen Eingang ist ein Zugang für Monitoring und Wartungszwecke gegeben, der mittlere wird nur noch für Kleintiere und Fledermäuse zugänglich sein.

 

Wie wird aus dem Tunnelsystem ein Zuhause?

Neben den bereits vorhandenen positiven Eigenschaften des Gangsystems werden weitere Ausstattungen vorgenommen, damit sich die Säugetiere ansiedeln. Es werden Fledermausbretter, Bimsbetten und Fledermaus-Gewölbesteine an unterschiedlichen Stellen des Deckengewölbes montiert. Sie sollen den Tieren Rückzugsorte im Winter bieten. „In der Anlage gab es bislang zwar keine Fledermauspopulation, aber wir hoffen, dass sich aufgrund der grundsätzlich guten Eignung und zusätzlichen Ausstattung die Tiere ansiedeln“, freut sich auch Oberbürgermeister Christian Schuchardt über diesen Natur- und Artenschutz. Natürlich lässt sich die Ansiedlung nicht garantieren oder wird sich womöglich erst nach Jahren einstellen. Durch regelmäßige Kontrollgänge werden aber der Zustand der Anlage und eine mögliche Besiedelung im Blick behalten.

 

Was war zu beachten?

Für die bauliche Entwicklung des neuen Stadtteils ist die Fachabteilung Bauleitplanung der Stadt Würzburg zur Schaffung von Baurecht aktiv. Ihre Aufgabe ist es, die bauliche und sonstige Nutzung der Grundstücke durch Bauleitpläne vorzubereiten und Baurecht zu schaffen. Eine zukunftsfähige Bauleitplanung bringt ökonomische und ökologische Belange in ein angemessenes Verhältnis. Umfangreiche Gutachten und Untersuchungen wurden gerade im Bereich des Umweltschutzes durchgeführt. Es wurde im Untergrund des Hublands nach Altlasten und Kampfmitteln gesucht, Schall-, Luft- und Klimagutachten erstellt, Grünstrukturen bewertet sowie Artenschutzuntersuchungen durchgeführt. Wo Bauland entsteht, Flächen entsiegelt, Gebäude abgebrochen, Gehölze gerodet und Erschließungsmaßnahmen durchgeführt werden, sind artenschutzrechtliche Maßnahmen notwendig. In Abstimmung mit der Unteren Naturschutzbehörde wurde ein Handlungskonzept erarbeitet, um Ausgleichsmaßnahmen für den Artenschutz zu realisieren. Damit werden Ersatz und Verbesserungen für die Lebensräume von Vogelarten, Fledermäusen und Zauneidechsen geschaffen. Die Fachabteilung Stadtumbau und Stadtentwicklung des Baureferats hat die Projektleitung übernommen und ist Auftraggeber über die Teilverfüllung der Tunnelanlage. Die Planung des Fledermausquartiers wurde mit der Artenschutzbeauftragten des Gartenamts abgestimmt. Die faunistische Fachberatung erfolgte durch das Büro IUS. Außerdem waren Vertreter der Fledermausgruppe Würzburg eingebunden und wurden durch das Stollensystem geführt. Von der G.U.B. Ingenieur AG wurde ein Standsicherheitsgutachten des Tunnels mit der Empfehlungen der Teilverfüllung erarbeitet. Darauf aufbauend erstellte G.U.B die ingenieurstechnische Planung der Teilverfüllung und plante den Ausbau zu einem Fledermauswinterquartier. Mit Vergabe der Bauleistung Ende 2018 wurde die Baufirma BsS Bergsicherung Sachsen GmbH aus Schneeberg, Sachsen zur baulichen Umsetzung des Projektes beauftragt. Vor Beginn der Maßnahme wurde das Tunnelsystem artenschutzrechtlich nochmals untersucht. Es wurden keine Fledermäuse festgestellt, so dass die Bautätigkeiten beginnen konnten. Das Tunnelsystem wurde Ende Mai fertiggestellt.