Soziale Netzwerke

  

Anzeige

Uniklinikum Würzburg: Klinikpfarrer Jürgen Floß verabschiedet sich

Jürgen Floß ist seit Dezember 2014 einer der beiden Leiter des ökumenischen Seelsorgeteams am Uniklinikum Würzburg. Zum 1. Mai dieses Jahres geht der evangelische Klinikpfarrer in den Ruhestand.

Würzburg.  Der 30. April 2023 ist der letzte Arbeitstag von Jürgen Floß am Uniklinikum Würzburg (UKW). Dann geht der für die evangelischen Mitglieder des ökumenischen Klinikseelsorgeteams zuständige Teamleiter in den verdienten Ruhestand. Der gebürtige Stuttgarter (Jahrgang 1959) kann zurückblicken auf insgesamt fast zwei Jahrzehnte in der Klinikseelsorge – die letzten 8,5 Jahre davon am UKW. Dabei konstatiert Floß: „Es wird ja viel gezweifelt, was Kirche überhaupt noch soll in dieser Zeit. Gerade die Begleitung von Menschen in ihren Lebenssituationen im Krankenhausumfeld hat jedoch nichts von ihrer Bedeutung verloren.“ Diese spirituell-mitmenschliche Begleitung leistete der evangelische Pfarrer in den vergangenen Jahren auf insgesamt zehn Stationen der Zentren für Operative und Innere Medizin sowie am Zentrum für Psychische Gesundheit des UKW. „Wir von der Seelsorge versuchen, möglichst überall am Klinikum präsent zu sein. Allerdings müssen wir mit unserem aktuell nur elfköpfigen Team Prioritäten setzen: Wo ist unsere Tätigkeit besonders dringend gefragt?“, verdeutlicht der scheidende Klinikpfarrer.

 

Unterstützung auf den Intensivstationen

Für ihn selbst gehörten unter anderem die Intensivstationen des UKW zu diesen vorrangigen Orten. „Die Intensivpatientinnen und -patienten befinden sich häufig auf einem schmalen Grad zwischen Leben und Tod. Eine meiner Aufgabe war es hier, den Menschen Lust zu machen, ins Leben zurückzukehren“, schildert Floß. Selbst Sedierte sind nach seinen Erfahrungen nicht einfach abgeschaltet, sondern haben einen veränderten Bewusstseinszustand, der manchmal von Alpträumen und Bedrohungsgefühlen geprägt ist. „Hier hatte ich die Chance und die Zeit, durch beruhigende Worte oder das Halten einer Hand Entlastung zu geben, als Anker zu wirken“, berichtet der Geistliche.

 

Brückenbauer in Corona-Zeiten

Deutlich erschwert wurde die Arbeit des ökumenischen Seelsorgeteams durch die Infektionsschutz-Maßnahmen während der Corona-Pandemie. „Trotz des allgemeinen Besuchsverbots war es uns wichtig, weiterhin zu den Patientinnen und Patienten gehen zu können“, erzählt Floß und fährt fort: „Es hat uns sehr gefreut, dass wir mit diesem Wunsch sowohl beim Klinikumsvorstand, als auch bei vielen Stationsleitungen auf positive, unseren Dienst wertschätzende Resonanz stießen.“ In der praktischen Umsetzung bedeutete dies, dass die Seelsorgerinnen und Seelsorger umfassend in den jeweils geltenden Hygieneregeln geschult wurden und zum Beispiel das sichere An- und Ablegen von Schutzkleidung erlernten. „So konnten wir nicht nur den isolierten Kranken selbst beistehen, sondern fungierten in sehr vielen Fällen auch als Brücke zu deren Angehörigen draußen“, erinnert sich Floß. Ein emotionaler Höhepunkt war für ihn in diesem Zusammenhang die Organisation und Durchführung einer Abschiedsfeier für eine sterbende Corona-Patientin aus Vietnam. Mit Unterstützung der Seelsorge gelang es, per Internet Verwandte aus der Heimat der jungen Frau zu der bewegenden Veranstaltung zuzuschalten. „Für die Familie in der Ferne war dies ein großer Trost“, weiß der Pfarrer.

 

Hilfreiche Gespräche in den Zwischenräumen

Im Alltag findet Krankenhausseelsorge nach seinen Worten häufig in „Zwischenräumen“ statt. Dazu zählt er beispielsweise spontane Kontakte zu Patientinnen und Patienten, Angehörigen oder UKW-Beschäftigten auf den Fluren. Oder er berichtet von einem mit „Seelsorge“ gekennzeichneten Rollhocker im Anmeldebereich der Radiologie, der für Gespräche mit den dort Wartenden bereitsteht. „In besonders schönen Fällen spiegeln uns die Menschen danach wider, dass sie das Gespräch als entlastend und wertvoll empfunden haben“, so Floß.

 

Mitglied des Klinischen Ethikkomitees

Zu seinen persönlichen Interessensfeldern zählt ferner die Ethik in der Medizin. Deshalb beteiligte er sich am Klinischen Ethikkomitee des UKW. Das unabhängige, multiprofessionelle Gremium unterstützt die Beschäftigten des Klinikums bei moralischen Fragen und Herausforderungen. Außerdem referierte Pfarrer Floß bei Vorträge in Unter- und Mittelfranken wiederholt zu medizinethischen Themen, wie zum Beispiel unter dem Titel „Tun wir zu viel am Lebensende?“ über sinnvolle Behandlungsziele bei sehr weit fortgeschrittenen Krankheitsstadien.

 

Wertgeschätzte Freiheiten

„Ich habe es immer genossen, am Uniklinikum Würzburg in einem säkularen Haus zu arbeiten“, betont Floß und verdeutlicht: „Natürlich werde ich als Vertreter der Kirche wahrgenommen, habe aber viele Freiheiten. Beispielsweise schreckt es mich nicht ab, wenn jemand der Kirche den Rücken gekehrt hat. Vielmehr bleibt mein Interesse am Menschen – was macht dein Leben aus?“ Aus seiner Sicht ist diese offene, nicht wertende Haltung gegenüber den menschlichen Eigenheiten wichtig, um die Klinikseelsorge als erfüllende Arbeit zu erleben. Hinzukämen eine gewisse psychische Belastbarkeit sowie die Bereitschaft, sich auch auf die häufig auftretenden Überraschungen einzulassen.

Und wie sehen seine Pläne für den Ruhestand aus? „Hier habe ich schon eine lange Liste an Ideen, um die neuen Freiräume zu genießen. So will ich meine sieben Enkelinnen und Enkel klarer in den Blick nehmen, alte Freundschaften pflegen, vertieft Schwedisch lernen sowie möglichst oft Segeln gehen und mit dem Wohnmobil verreisen“, kündigt der baldige Pensionär an.

Bildunterschrift: Nach über acht Jahren am UKW geht der evangelische Klinikpfarrer Jürgen Floß Ende April 2023 in den Ruhestand. Bild: UKW / Karina Färber