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Von der Zuckerrübe bis zu Trüffelbäumen

Celina und Friedl diskutieren vor Ort über Landwirtschaft im südlichen Landkreis Würzburg

"Reden mit den Landwirten" wollen die GRÜNEN Landtagsabgeordneten der Region, und zwar nicht erst seit dem erfolgreichen Volksbegehren "Rettet die Bienen für mehr Arten- und Naturschutz in Bayern. "Ich war vorher schon regelmäßig mit Landwirten in ganz Unterfranken im Gespräch", erläutert Kerstin Celina, Landtagsabgeordnete aus dem Landkreis Würzburg, und fügt hinzu: "nach dem Volksbegehren gilt erst recht: Wir müssen die Herausforderungen der Zukunft gemeinsam angehen und miteinander reden, und zwar sowohl am Runden Tisch auf bayerischer Ebene als auch in den Regionen. Wir brauchen das Fachwissen der Landwirte, ganz besonders im Hinblick auf die Böden, die sie schon viele Jahre bewirtschaften, ebenso wie die Erkenntnisse der Wissenschaft, der Naturschutzverbände und eine zukunftsorientierte Forschung".

 

Zusammen mit ihrem Kollegen Patrick Friedl, dem naturschutzpolitischen Sprecher der GRÜNEN Landtagsfraktion, der den Würzburger Stimmkreis vertritt, sowie den Ochsenfurter GRÜNEN Dr. Iris Eisenmann-Tappe und Stadträtin Britta Huber besuchte Celina den landwirtschaftlichen Betrieb der Familie von Zobel in Darstadt. Der Landwirt Heiner von Zobel setzte sich viele Jahre als Vorsitzender der Freien Wähler des Landkreises Würzburgs für die Interessen der Landwirtschaft ein. Er führt zusammen mit seinen zwei Söhnen den landwirtschaftlichen Familienbetrieb - eine generationenübergreifende Tradition: bereits seit dem 13. Jahrhundert ist das Geschlecht der Zobels in Darstadt vertreten. Einer der Söhne, Felix von Zobel, hat im letzten Jahr ein Praktikum bei der Landtagsabgeordneten Celina absolviert.

 

Nach einer Begrüßungsrunde im kleinen Schloss mit vielen regionalgeschichtlichen Informationen fuhren die GRÜNEN zusammen mit Heiner von Zobel und seinem Sohn Felix zu den umliegenden Feldern des Landwirtschaftsbetriebs. Erstes Gesprächsthema waren die langgezogenen Wasserspuren in den Feldern, die bei Starkregen entstehen. Regnet es viel in kurzer Zeit, so leiden vor allem Felder in Hanglage: die Erde rutscht nach unten ab, Saatgut und nährstoffreicher Boden geht den höheren Lagen verloren. Um das zu verhindern, sät von Zobel Grasstreifen in die Felder, die Wurzeln der Gräser wirken einem Hangrutsch entgegen. Für diese Grasstreifen erhalten Landwirte auch höhere Entschädigungen als für die viel diskutierten Blühstreifen, das Gras kann später zu Heu weiterverarbeitet werden und bringt dem Landwirt so zusätzlichen wirtschaftlichen Nutzen. "Für mich ist das in dieser Situation die bessere Alternative" erklärt von Zobel.

 

Dass es beim Thema Umweltschutz je nach Region verschiedene Wege gibt, um ans Ziel zu kommen, sieht auch Patrick Friedl: "Ökosysteme sind komplex und wir müssen alle verfügbaren Hebel in Bewegung setzen, um den Rückgang der Artenvielfalt zu stoppen und so zu wirtschaften, dass auch größere Trockenheit und singuläre Wetterereignisse wie Starkregen nicht zu einem Abschwemmen des wertvollen Bodens führen". Dazu gehört für ihn auch der vollständige Verzicht auf Glyphosat.

 

In den besonders trockenen Gebieten wie in der Darstadter Gegend hält von Zobel es dagegen für schwierig, auf Herbizide, unter anderem auch Glyphosat, voll und ganz zu verzichten. "Ich pflanze Zwischenfrüchte, um den Boden zu halten, und um Nitrat aus dem Boden in den Pflanzen zu binden. Normalerweise sollten diese Pflanzen im Winter abfrieren, ist es aber nicht kalt genug, müssen sie entfernt werden. Kurz vor der Aussaat der Feldfrüchte muss ich mich entscheiden, welche Methode ich dafür anwende. Wenn ich gar keine Spritzmittel verwende, muss ich den Boden stärker und tiefer bearbeiten. Dann besteht aber auch die Gefahr, dass der Boden noch schneller austrocknet.“ Eine breite und hoch dosierte Anwendung von Glyphosat, wie sie vor allem mit dem sogenannten "Roundup Ready Verfahren" von Monsanto propagiert wurde, lehnt von Zobel ab. Stattdessen würde er es befürworten, auch in Zukunft noch eine Genehmigung für kleinere Mengen Glyphosat unter bestimmten Voraussetzungen, nach Abwägung mit anderen Methoden, bekommen zu können.

 

Die GRÜNE Ochsenfurter Stadträtin und Referentin für Landwirtschaft & Forsten im Stadtrat, Britta Huber, hält eine derartige Notlösung nicht für sinnvoll, hat sie doch erst letztes Jahr ihren Antrag auf Glyphosat-freie Bewirtschaftung städtischer Grundstücke durchgebracht: "Das würde ja bedeuten, dass nach einem Glyphosat-Verbot doch Ausnahmegenehmigungen zu bekommen sind, wenn auch mit viel Papierkrieg". Letztendlich würden diese Bedingungen ja dann immer für eine ganze Region gelten, so komme man nicht wirklich weg von Glyphosat, meint sie. Für ihre Region wünscht sie sich wieder "viel mehr Hecken, Bäume und Rückzugsgebiete für Wildtiere – am Liebsten als Biotopverbunde", denn da sei im Rahmen der Flurbereinigung viel kaputtgemacht worden.

 

Dass sich die Zahl der Insekten und Vögel seit einigen Jahren massiv verringert hat, darüber waren sich alle einig. "Es ging fix", meint von Zobel, "vor fünf bis zehn Jahren brüteten regelmäßig viele Schwalben und Spatzen hier bei uns am Haus, heute kommen kaum noch welche." Er steht dem Umstieg auf biologische Landwirtschaft offen gegenüber, seine Söhne Moritz und Felix von Zobel planen, in den nächsten Jahre mit Bio-Anbau verschiedener Mischkulturen auf den heimischen Feldern zu experimentieren.

 

„Bio-Anbau wird nicht die alleinige Lösung sein“, meint von Zobel, und verweist darauf, dass auch bei biologischem Anbau dem Boden Stickstoff zugeführt werden muss, was wiederum den Nitratgehalt im Grundwasser gerade im trockenen Unterfranken über die zulässigen Werte erhöht. Trotzdem bekommt die Bio-Landwirtschaft eine Chance: Im letzten Herbst pflanzte die Familie Trüffelbäume. Dafür sind die von Zobels im letzten Jahr täglich mit der Gießkanne unterwegs gewesen, damit die jungen Eichen, Hainbuchen, Rotbuchen und Haselnüsse überhaupt eine Chance haben, Wurzeln zu schlagen. „Viel Arbeit, die sich aber hoffentlich auszahlen wird“, so Felix von Zobel. Wie es scheint, wurde ihm nicht nur die Freude an der Natur und Landwirtschaft weitervererbt, sondern auch das Politikinteresse: Sohn Felix löste Heiner von Zobel im März als Vorstand der Freien Wähler im Landkreis Würzburg ab.