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Von Tür zu Tür

Unterwegs mit Kerstin Westphal im Europa-Wahlkampf

Ein kleiner Papierblock, ein blauer Kuli, eine Karte mit Informationen rund um die EU, dann drückt Kerstin Westphal die erste Klingel an dem blauen Wohnblock im Würzburger Stadtteil Zellerau. Im Hausflur öffnet eine junge Frau. „Moinmoin, ich wollte sie nur erinnern, dass am 26. Mai Europawahl ist. Unbedingt wählen gehen, denn es steht viel auf dem Spiel“, eröffnet Westphal das Gespräch. Nach zwei Minuten geht es die knarrenden Stufen weiter ins nächste Stockwerk. Hier wohnen viele junge Leute, Studenten, mit vielen verschiedenen Namen auf einer einzigen Klingel. Wo die Tür aufgeht, wird Westphal freundlich empfangen. Viele haben bereits Briefwahl gemacht oder wissen zumindest über die Europawahl Bescheid.

 

Ortswechsel: Schweinfurter Marktplatz. Ein SPD-Foodtruck verteilt frische, duftende Waffeln mit Puderzucker und Kaffee an Passanten, daneben haben sich ein paar Wahlkämpfer aufgebaut und sprechen Leute an, die über den Platz laufen. Ein Heimspiel für Westphal, die seit 10 Jahren für die SPD im Europaparlament sitzt. Sie diskutiert mit einem älteren Mann, der die EU-Politik kritisch sieht. Es geht um gerechte Löhne, um die Verdienste der Gewerkschaften und der SPD in der von Industrie geprägten unterfränkischen Stadt.

 

Am Tag zuvor kam Martin Schulz nach Unterfranken, um Westphals Wahlkampf zu unterstützen. Die beiden kennen sich lange und schätzen sich. Schulz‘ Abschied aus Brüssel sieht Westphal noch immer mit einem weinenden Auge. Sein Nachfolger, so Westphal, passt bei weitem nicht in die großen Fußstapfen, die Schulz als Präsident des Europaparlaments hinterlassen hat. Die Abendveranstaltung mit Schulz im Schweinfurter Industriegelände war ein Erfolg, volles Haus, gute Stimmung, Zuversicht bei den Genossinnen und Genossen. Der Besuch in der malerischen Altstadt von Haßfurt am Vormittag war ebenfalls gut besucht und wurde von der Presse begleitet.

 

„Ich mache gerne Wahlkampf“, sagt Westphal während eines Pressegesprächs in Würzburg. Die Chancen auf den Wiedereinzug sieht sie als Dreiundzwanzigste auf der Bundesliste der SPD realistisch, aber auch kämpferisch: „Abgerechnet wird am Schluss! Mein Listenplatz ist Ausdruck der innerparteilichen Demokratie. Wir haben uns verjüngt, das ist wichtig. Aber klar – ich hätte mir einen besseren Platz gewünscht“, so Westphal. Besonders bitter für die gebürtige Hanseatin: Franken würde neben der CSU-Parlamentarierin Hohlmeier, deren Wiedereinzug ins Parlament sicher scheint, von einer AfD-Frau aus Oberfranken vertreten. Der Kampf gegen Rechte und Populisten ist Westphals größte Motivation. „Wir dürfen dieses wunderbare Friedenswerk nicht denen überlassen, die Europa von innen heraus zerstören wollen!“ Westphal will Europa zusammen halten und solidarischer machen. „Die Rechten wollen vieles zurückdrehen, was erreicht wurde. Sie wollen Europa nach außen abschotten, vieles lieber national lösen. Aber Sehnsucht macht nicht an Zäunen und Mauern Halt!“, betont sie. Nur in einem Miteinander ließen sich die Probleme Europas bewältigen.

 

Das Interesse an der Europawahl ist derzeit laut Umfragen höher denn je, das sei ein gutes Zeichen, so Westphal. „Vor allem die jungen Menschen müssen am 26. Mai ihre Stimme abgeben, denn es geht um ihre Zukunft.“ Wohin es führt, wenn junge Wähler sich der Politik verweigern, könne man am Brexit-Chaos beobachten, sagt Westphal. „Man sollte nicht denen hinterher laufen, die zurzeit am lautesten sind. Sie sind nicht in der Mehrheit, sie schreien nur am lautesten.“