Wie gemütlich ging es doch früher in den bayerischen Wirtsstuben, aber auch zu Hause nach einem anstrengenden Arbeitstag zu. Ein „bayerisches Blatt“ mit 32 Karten wurde auf den Tisch gelegt und dann brauchte es nur noch 4 Spieler. Das Schafkopfspiel war ein weit verbreitetes Freizeitvergnügen, welches schon von den Kindern erlernt wurde und auch in den Schulpausen für Kurzweil sorgte .
Mit dem Einzug der Digitalisierung in fast allen Lebensbereichen gerät diese alte Tradition gerade bei den jungen Menschen immer mehr in Vergessenheit. Das ist nicht nur schade, findet der 1. Bürgermeister der Marktgemeinde Stadtlauringen Friedel Heckenlauer, sondern es geht auch eine wertvolle Lernplattform verloren.
Als (früherer) leidenschaftlicher Schafkopfspieler kam ihm also die Idee, die Heranwachsenden in seiner Gemeinde für diesen „Denksport“ mit hohem Spaßfaktor zu begeistern.
Gesagt, getan:
Nach kurzer Recherche fand der Bürgermeister einen „Gleichgesinnten“, den ehemaligen Schulleiter einer Grundschule in Langenprozelten im Landkreis Main-Spessart. Alfons Schlereth hatte das Kartenspiel als Unterrichtseinheit angeboten. Gemeinsam mit ihm sowie Rudi Pastuschka und Lothar Krug (ebenfalls passionierte Schafkopfspieler der Marktgemeinde) wurde die konzeptionelle Vorgehensweise besprochen.
Über Aufrufe im gemeindlichen Amtsboten fanden 11 Jugendliche im Alter zwischen 10 und 14 Jahren während ihrer Osterferien zueinander. „Stilecht“ saßen die Mädchen und Jungen in der Gastwirtschaft Hein Stadtlauringen bei einem (natürlich nicht alkoholischem) Freigetränk zusammen, um das komplexe und vielschichtige Spiel zu erlernen. Der Bürgermeister erstellte zunächst ein Konzept mit den wichtigsten Regeln und erklärte auf lockere Weise den Umgang mit den Karten – und natürlich zwischen den Spielern.
Schnell hatten die Teilnehmer Gefallen daran: einmal nicht in den PC oder auf das Smartphone schauen, sondern dem Gegenüber ins Gesicht… ein bisschen überlegen (Was hat der wohl für Karten?...) – eine ganz neue Erfahrung! Friedel Heckenlauer hatte ebenfalls seine Freude, denn sein Beweggrund war noch tiefsinniger: Neben dem Bewahren einer alten Tradition, ging es ihm vor allem um die Interaktion und die Schulung mathematischer, sozialer und strategischer Kompetenzen. Idealerweise zählt man beim Spiel die Augen mit, weiß, welche Karten noch nicht ausgespielt wurden und schafft so Grundlage, um möglichst häufig zu gewinnen. Es gilt aber auch, Niederlagen zu „verschmerzen“. Kommunikation kommt dabei auch nicht zu kurz. Der Bildungsgehalt ist also enorm – so sein Fazit. Er hofft, dass der Funke bei den jungen Menschen übergesprungen ist.
‚Eine Runde Schafkopf gefällig?‘
Vielleicht hört man diesen Satz nun wieder öfter in den Schulpausen oder als Aufforderung an die Eltern zu Hause! Es wäre zu wünschen!