UNTERFRANKEN
Man könnte sogar sagen, der Main ist “zu sauber”, befindet Gugel, weil zu wenig Schwebteile in den Main geraten. Das verursacht einerseits eine ungebremste Einstrahlung der Sonne, wodurch das Pflanzenwachstum am Grund beeinflusst wird, andererseits sind die Schwebteile Nahrung für viele Tiere. Da die Schwebteile gerade nach starken Regenfällen dem Main zugeschwemmt werden, hängt das Thema eng mit einem anderen großen Thema der Wanderung zusammen: Das Wasser-Management im immer heißeren und trockeneren Unterfranken. Diese Entwicklung machte Fischerzunft und Fischereiverband in den letzten Jahren zunehmend Sorgen. Das Gewässer stand kurz davor zu “kippen”. Das meint, dass beinahe eine Wassertemperatur von 28 Grad und mehr erreicht wurde. Ab diesem Moment besteht akute Lebensgefahr für die Fischbestände. Dann ist der Sauerstoffgehalt des Maines so gering, dass die Fische keine größeren Belastungen mehr ertragen, ohne in großer Zahl zu verenden. Hier überschneidet sich wieder ein Problem mit einem anderen: Die intensive Freizeitnutzung des Gewässers führt dazu, dass die Tiere aufgeschreckt werden, sodass der Sauerstoffmangel zur lebensbedrohlichen Gefahr wird.
Überall entlang der Strecke fanden sich weitere Nebenwirkungen der intensiven Freizeitnutzung, sowohl an Land als auch im Wasser: Müll. Deshalb arbeitet die Fischerzunft dafür, die besonders schützenswerte Natur optisch zugänglicher zu machen: Gugel und seine Kolleg*innen wollen Einblicke schaffen und hoffen, dass das Bewusstsein schafft - für die Natur, ihre Schönheit und die Notwendigkeit ihres Erhalts.
Dafür sind Kompromisse notwendig und der Nutzen gegen den Schaden abzuwägen. Sinnvoll scheint Gugel der Erhalt der Auen und auch der Auenwälder. Früher wurden die Uferstreifen gerodet, um die Treidelschifffahrt zu ermöglichen. Dass sich die Natur hier etwas zurückgeholt hat, findet die Fischerzunft begrüßenswert. Jedoch bleibe sinnvoll, an ausgewählten Stellen Einblicke zu schaffen: Der Altmainarm an der Naturheilinsel könnte zwischen dem Graf-Luckner-Weiher und der Röperbucht vor Verlandung geschützt werden. So entstünde ein wertvoller Ort für Wasserlebewesen. In Verbindung mit einem besonderen Schutzstatus für die Natur entstünde so ein wertvolles Biotop in unmittelbarer stadtnähe. Die Zugänglichkeit, und damit die Förderung von Verständnis und Bereitschaft zum Natur- und Umweltschutz, könnte über Stege – ähnlich dem “schwarzen Moor” in der Rhön – ermöglicht werden. Auch an anderen Stellen würde die Fischerzunft gerne der Verlandung ökologisch wichtiger Wasserflächen verhindern.
Der Hauptarm des Mains hat dieses Problem nicht. Als Bundeswasserstraße wird seine Tiefe und Wassermenge reguliert, um die Berufsschifffahrt zu ermöglichen. Diese Nutzung ist zwar nicht die beste für die Natur, aber auch hier sieht die Fischerzunft die Notwendigkeit, abzuwägen: Der Transport auf der Straße schadet ungleich mehr und dieser Schaden schlägt sich irgendwann in Form des Klimawandels wieder auf den Main nieder.
Immer wieder ging es um das Bewusstsein für diese Zusammenhänge unseres Öko-Systems: Ist es besser ein Frachtschiff durch hunderte LKW zu ersetzen, wenn die Erwärmung so krass ist, dass das Gewässer in den vergangenen Jahren beinahe gekippt wäre? Hier müssten nach Gugel immer wieder pragmatische Lösungen gefunden werden, die auch zwischen den Umweltverbänden teils stark umstritten sind. So ist der Fischereiverband dafür, ab und an auch die Altwasser frei zu räumen, damit das Wasser wieder besser fließen kann und keine Verlandung stattfindet. Andere Verbände lehnten dies wegen geschützter Wasserpflanzen ab. Aber was hätten die Wasserpflanzen davon, wenn dort Land entsteht, wo ihr Wasser ist, meint Gugel. In anderen Punkten vertritt er hingegen bekannte und strenge umweltpolitische Forderungen. So wies er auf das spürbar angenehme Klima im Schatten der Bäume am Fluss hin und zeichnete folgende Zukunft:
“Mehr Bäume statt Klimaanlagen. Das wird die Zukunft sein.”
Ob so Temperaturen verhindert werden, die das Kippen des Maines verhindern, kann Gugel nicht sagen. Auch ob es irgendwann nötig sein wird, den Fischbestand durch Arten zu ergänzen, die mit höheren Temperaturen und dem daraus folgenden Sauerstoffmangel besser auskommen, vermag Gugel nicht zu sagen. Er blickt darauf mit Sorge, weil gewässerfremde Neozoen in der Vergangenheit Probleme mit sich brachten. Außerdem gibt es akutere Fragen für den Erhalt der Artenvielfalt im Main. So sind die vielen für die Schifffahrt nötigen Staustufen, Wehre und Kraftwerke ein unüberwindbares bis tödliches Hindernis - gerade für wandernde Arten wie den Aal. Andere Turbinenarten, wie die in den USA und Kanada verbreiteten, könnten helfen. Aber auch bauliche Maßnahmen, die die Querung der Hindernisse mehr erleichtern als Fischtreppen, wären wichtig. Als besonders gutes Beispiel nannte und zeigte der Obmann der Fischerzunft die Schleusenanlage bei Randersacker: Hier wird ein ausreichend breiter Kanal so frühzeitig vom Main abgeleitet und so spät wieder zugeführt, dass Strömung und Duftstoffe so stark sind, um die Fische durch den Kanal zu leiten. Anhand dieser beiden Hinweisgeber orientierten sich Fische nämlich und zu oft kämen diese Hinweise nicht von der Fischtreppe, sondern vom Haupstrom, der durch Turbinen und andere potentiell gefährlichen Hindernisse führt.