Nürnberg Die Situation in allen Bereichen der Kinder- und Jugendhilfe spitzt sich zu: Immer stärker macht sich der Fachkräftemangel bemerkbar. Die Belastung des vorhandenen Personals wächst, vielerorts kommt es zu einer Reduzierung von Angeboten, die vor allem im Kita-Bereich von den Familien aufgefangen werden muss. Dem stehen wachsende Bedarfe der Kinder- und Jugendlichen gegenüber. Zunehmend werden niederschwellige Angebote, Anlaufstellen und starke Teams benötigt. Hierfür fehlen neben dem Personal oft die passenden Rahmenbedingungen.
Es bedarf gemeinsamer Bemühungen von Politik, Verwaltung und Fachwelt, um schnell greifende, umsetzbare Maßnahmen zu verwirklichen, ohne dabei die Qualität der Angebote aus den Augen zu verlieren!
Als Landesfachausschuss Kinder, Jugend, Familie sehen wir folgende Handlungsbedarfe, um das System der Kinder- und Jugendhilfe aufrecht zu erhalten und die Heranwachsenden und ihre Familien bestmöglich zu unterstützen und zu entlasten:
Qualitätvolle Angebote in der Kinder- und Jugendhilfe benötigen adäquate Bedingungen!
Viele Träger stehen derzeit vor finanziellen Herausforderungen, da die bewilligten Fördersummen angesichts steigender Sach- und Betriebs-, sowie Personalkosten nicht mehr ausreichen. Fehlende Mittel beeinträchtigen die Qualität der Leistung und führen dazu, dass Angebote nicht fortgesetzt werden können. Engpässe gibt es vor allem im Bereich der schulischen Nachmittagsbetreuung, aber auch bei der Weiteranstellung von Personal zur Entlastung der Leitung in den Kitas, bei Sprach-Fachkräften oder bei der Aufrechterhaltung von Strukturen zur Unterbringung unbegleiteter Minderjähriger.
Es braucht dringend eine adäquate finanzielle Ausstattung und Planungssicherheit für die Angebote der Kinder- und Jugendhilfe durch die Landesebene. Förderprogramme müssen langfristig und mit geringem Verwaltungsaufwand angelegt sein. Um Qualität bieten zu können, werden Kontingente für Fachberatung, Vorbereitungszeiten und konzeptionelle Arbeit benötigt.
Verbesserung der Personal- und Fachkräftesituation durch kurz-, mittel-, und langfristige Maßnahmen!
Auch im Bereich der Kinder- und Jugendhilfe ist eine der größten Herausforderungen derzeit der Umgang mit fehlenden (Fach)kräften. Kita-Gruppen schließen, Inobhutnahmen gestalten sich schwierig, das noch vorhandene Personal ist erschöpft und krankheitsanfällig. Nicht zuletzt stellen sich Fragen des Kinderschutzes, wenn Angebote nicht mehr ausreichend qualifiziertes oder nur überlastetes Personal vorhalten können.
Neben mittel- und längerfristigen Maßnahmen wie der Investition in Aus-, Fort- und Weiterbildung, nicht nur im Kita-Bereich, bedarf es kurzfristiger und wirksamer Unterstützung vor Ort, so z.B. die Finanzierung von Hilfskräften und Maßnahmen zur Stärkung der Teams, die schnellere Anerkennung ausländischer Abschlüsse und die Refinanzierung von praxisintegrierter Ausbildung – auch im stationären Bereich.
Der Bedarf an niederschwelligen Unterstützungsangeboten für Heranwachsende und ihre Familien ist nicht gedeckt und muss angepasst werden!
Die Auswirkungen der Corona-Pandemie, die inflationsbedingte Zunahme finanzieller Belastungen und Armutsgefährdungen, eine zunehmend heterogene Gesellschaft sind einige der Gründe für steigende Unterstützungsbedarfe von Kindern, Jugendlichen und ihren Familien. Der rasche Ausbau an niederschwelligen unterstützenden Angeboten ist notwendig, um die Heranwachsenden auffangen zu können und die vorhandenen Hilfesysteme nicht zu überlasten. Der flächendeckende Ausbau von Familienstützpunkten und aufsuchender Erziehungsberatung, die Unterstützung von Kita-Teams durch Sprach-Fachkräfte, Elternbegleitungen oder die Einführung von Sozialarbeiter*innen in Kitas sind, neben dem flächendeckenden Ausbau von Jugendsozialarbeit an Schulen, gebotene Maßnahmen mit starker Wirkungskraft.
Für ein gutes Aufwachsen aller Kinder- und Jugendlichen müssen Bildungsgerechtigkeit und die Abwendung von Armut unsere gemeinsamen gesellschaftlichen Ziele sein!
Als Arbeiterwohlfahrt sind wir überzeugt, dass gleiche Lebenschancen und die Selbstermächtigung der Betroffenen notwendige Voraussetzungen für ein gutes Zusammenleben aller sind. Um dies zu verwirklichen, sind alle relevanten Akteur*innen mit in die Verantwortung zu nehmen!
An der Basis gilt es, die (politische) Partizipation von Kindern- und Jugendlichen zu stärken und Fachpraxis und Träger bei der Ausgestaltung der Angebote stärker mit einzubeziehen. Politisch brauchen wir eine Kindergrundsicherung, um Armut abzuwenden. Zudem müssen flexiblere Arbeitszeitmodelle und familienfreundlichere Arbeitsbedingungen Familien stärken, um das gesunde Aufwachsen ihrer Kinder zu unterstützen.
Bildung und Unterstützung von Heranwachsenden sind Investitionen in die Zukunft, die sich auch finanziell auszahlen! Nur gemeinsam können wir adäquate Rahmenbedingungen und dadurch hochwertige Angebote schaffen. Der Landesfachausschuss der AWO leistet hier gerne einen Beitrag!