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Würzburg: Augustinerstraße 9

Willi Dürrnagel berichtet

Würzburg: An Stelle des Hofes "Zur alten Hölle" erhebt sich heute das zur Zeit seiner Erbauung, 1929, viel besprochene Hochhaus, der "erste Wolkenkratzer Würzburgs".

 

Im 14. Jahrhundert gehörte der Hof zum angrenzenden "Hof zum Kunzen". 1770 wurde dort ein Gasthof "Zum goldenen Kreuz" eröffnet, der bis 1850 bestand. Er zählte unter dem Wirt Miltenberger zu den besten Gasthöfen der Stadt. 1849 kaufte ihn ein Produktenhändler, der die Garküchengerechtigkeit an einen Weinwirt verkaufte, der sie dann auf sein Anwesen <link https: maps.google.com>Karmelitenstraß<link https: maps.google.com>e 55 übertrug.

 

Später war die Kürschnerei und Färberei A. Scharfenberg in diesem Gebäude untergebracht.

 

Auch Ludwig Pfeuffer / Yehuda Amichai kam hier, im niedergelegtem Haus am 3. Mai 1924 zur Welt, das damals der jüdischen Erbengemeinschaft Oppenheimer gehörte. In dem alten Haus gab es auch einen jüdischen Kolonialwarenladen, der Moses H. Goldbach gehörte. Dessen Witwe Regina oder Rika führte das Geschäft schließlich in der Glockengasse 6 weiter und mietete eine Wohnung in der Johannitergasse 7.

 

Das barocke Gebäude stand zu weit in die Straße hinein und behinderte den Verkehr. Die Stadt Würzburg erwarb es 1928 und hat es 1929 niedergelegt.

 

Am 27. Mai 1929 wurde der erste Spatenstich getan für das Städtische Hochhaus. Entworfen hat es der Regierungsbaumeister Kleinsteuber. "Ob die Wirkung eine harmonische wird, dürfte von der architektonischen Ausgestaltung des Bauwerks abhängen", schrieb Ende August der "Fränkische Kurier". "Wie man hört, werden in dieser Beziehung die größten Befürchtungen geäußert, da das Haus mit flachem Dach ohne Attika und Gesims, lediglich als Kubus wirkend, ausgeführt werden soll. Der Kubus selbst würde dann der modernen "Sachlichkeit" entsprechend mit glatten, weiß getünchten Flächen und großen Fensterlöchern einen Triumph des genannten Prinzips darstellen, gegen welches sich aber in der Altstadt schwerste Bedenken ergeben."

 

Das Zeitalter des Bauens á la Bauhaus hatte in Würzburg bereits im Jahr zuvor begonnen.

 

Pionier war der Architekt Peter Feile, sein Protektor Oberbürgermeister Dr. Löffler, der nicht nur zuließ, sondern davon angetan war, dass just der Oberbürgermeister-Villa gegenüber, auf dem Grundstück <link https: maps.google.com>Keesburgstraße <link https: maps.google.com>29, ein schneeweißes Terrassen-Doppelwohnhaus entstand. Reitberger schreibt: "Niemand darf bel<link https: maps.google.com>eidigt sein, wenn man behauptet, dies moderne Gebäude sei von keinem nachfolgenden hier übertroffen worden: In keinem anderen hat ungeheuchelter Fortschrittsoptimismus so sichtlich und rein Gestalt angenommen. Am 2. Oktober 1928 würdigte der Kunsthistoriker Werner Burmeister im ""Generalanzeiger" Feiles Opus, vom 1. Bis 4. Oktober durften es die Leute besichtigen.

 

Während der Fundamentarbeiten zum Hochhaus hatte der Frankfurter Städtebauer May ein öffentliches Streitgespräch geführt mit OberbauamtmannLommel, dem mit Recht hochangesehenen Entwerfer des Luitpoldkrankenhauses.

 

May, jeder Zoll progressiv, "bekannte sich als den, der nicht nur das Gute, sondern auch die Fehler des Neuen unterschreibt; denn nicht die Form, sondern der Geist entscheidet".

 

Lommel seinerseits bekannte, ein "Feind allzu engen Konservativismusses" zu sein. "Warum kein flaches Dach? Von der alten Brücke gesehen und auch in anderen Stadtteilen fänden wir verschiedene sehr hübsche" - ältere - "Flachdachhäuser. Nur seien eben in unserem wundervollen Stadtbilde Formlosigkeiten strenger zu beurteilen.

 

Manche freilich argumentierten danach politischer, unsachlicher. So, dass der "Fränkische Kurier", das Arbeitstempo beim Hochhaus kritisierend, mit Seitenblick auf die "Steuergroschen der Bürgerschaft" sogar die Frage anschnitt: "...macht sich bei dieser langsamen Bauweise der Einfluss der Sozialdemokratie geltend? Will man möglichst lange Arbeitsgelegenheit schaffen? Das wäre ein verfehlter Weg; denn mit dem so verpulverten Geld ließen sich ja neue Arbeitsgelegenheiten schaffen." Wie im milden Würzburger Klima üblich, kam´s bald zu ideologischer Entspannung.

 

Als der Neubau, im Sommer 1930, ganz fertig war, konnten die Verantwortlichen auf eine Rohbauzeit von viereinhalb Monaten verweisen, und wenn der "Fränkische Kurier" auch, nicht ohne Grund, an der Mietrentabilität des Betonskelett-Bürohauses zweifelte, ansonsten war er versöhnt: "Das Bauwerk... mehr ein hohes Haus als ein Hochhaus... erreicht an Masse und Höhe kaum die Körperhaftigkeit des alten Rathauses mit seinem Turm. Von diesem ehrwürdigen Nebenbuhler nicht allzu weit entfernt, tritt es in gewisse raumästhetische Bindungen zu ihm, indem es die Gliederung der Häusermasse oder der Silhouette gefällig weiterleitet". "Die robuste Schlichtheit seines nicht unwahrhaftigen Stiles, der herausgewachsen ist aus den Bedingungen der Technik und des Materials, behauptet sich innerhalb der Grenzen, die durch den bescheidenen Grundriss gegeben sind, mit einer naiven Selbstverständlichkeit." "Alles in allem verleiht das umstrittene Gebäude der alten Straße eine schüchtern pointierte, moderne Note".

 

Das erste Stockwerk des Hochhauses nahm in den 30er Jahren die Büros des Deutschen Benzol-Vertriebes, der Vertriebsorganisation der deutschen Zechen, ein. Die moderne Großtankanlage und der Kraftwagenprüfstand befanden sich in der Aumühle.

 

1935: Ehrenburg F. Masseuse und Fußpflege.

Kassenärztliche Vereinigung Deutschlands / Reichsluftschutzbund / KleinsteuberFranz Architekt.

 

Auch das Würzburger Hochhaus in der <link https: maps.google.com>Augustinerstraße hat die Katastrophe überstanden. Ein Bau, über den sich kritische Gemüter ebenso erregten wie über den Abbruch von Ehemannshaus und Spanischen Garten.

 

In diesem Bau waren verschiedene städtische Dienststellen untergebracht.