Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister Christian Schuchardt,
werte Fraktionsvorsitzende im Würzburger Stadtrat,
in der seit einigen Jahren andauernden und sich aufgrund des enger werdenden zeitlichen Horizonts zuspitzenden Diskussion „Pro und Contra Posthalle“ möchten wir unsere Position als Stadtmarketing „Würzburg macht Spaß“ e.V. zu diesem Thema darstellen. Vorab sei darauf hingewiesen, dass der Geschäftsführer der Posthalle Joachim Schulz zugleich stellv. Vorstandsvorsitzender unseres Stadtmarketingvereins ist. Auch möchten wir keine Partikularinteressen vertreten, sondern es geht uns im Folgenden um die Bedeutung einer mittelgroßen Spielstätte für den Wirtschaftsraum Würzburg.
Zu Beginn des Jahrtausends verfügte Würzburg über mehrere Spielstätten für populäre Live-Musik (stehendes Publikum) in verschiedener Größe: einige kleinere für ca. 150-200 Gäste (Immerhin, Café Cairo, B-Hof, Omnibus und andere), das Autonome Kulturzentrum AKW! bis ca.400 Gäste, den Soundpark (früher Music Hall oder Rockpalast) bis ca. 1200 Gäste. Ab ca. 2400Gäste wurde es für Veranstalter rentabel, die s’Oliver-Arena zu bespielen. Eine Spielstätte für populäre Live-Musik mit einer Besuchererwartung von 1200-2400 Gästen existierte nicht. Das CCW würde zwar den entsprechenden Platz bieten, dient aufgrund von Ambiente und Kostenstruktur i.d.R. lediglich als Veranstaltungsstätte für Messen, Kongresse oder Live- Veranstaltung mit sitzendem Publikum und gehobenem Programm (bei entsprechenden Eintrittspreisen). Somit gingen in der Vergangenheit viele Tourneen bekannter Pop- und Rockmusiker am Kulturstandort Würzburg vorbei.
Die Posthalle schloss seit 2008 als Spielstätte mit einer Kapazität von ca. 200 bis 3000 stehenden Zuschauern nicht nur o.g. Lücke einer mittleren Spielstätte, sondern kompensierte zudem den Wegfall des AKW! (Insolvenz 2009) und des Soundpark (Erlöschen der regulären Betriebserlaubnis 2015), sondern bot Veranstaltern zudem eine Alternative, um risikoreiche Produktionen (d.h. mit Besuchererwartung unter 3000) nicht mehr in der s’Oliver-Arena durchführen zu müssen. Zudem eröffnete sie Würzburg eine zusätzliche Option für Messe- und Kongressveranstaltungen. Die Posthalle brachte Würzburg mit seinen fast 40.000 Studierenden erstmals auf die Landkarte für viele Bands und Livemusik-Agenturen im mittleren Segment – hiervon zeugen bis zu 200 Veranstaltungen mit bis zu 180.000 Besuchern pro Jahr vor der Pandemie.
Warum nun ist eine mittlere Spielstätte für eine Stadt wie Würzburg so wichtig? Sie ist zum einen weicher Standortfaktor im Rahmen der kulturellen Daseinsvorsorge. Sie attraktiviert die Stadt für die Bürgerschaft, die Studierenden, die Fachkräfte. Oftmals ist es die Qualität des Kulturangebots und des Nachtlebens, die Menschen an einen Standort bindet oder vorab beeinflusst, sich im Wettstreit verschiedener Universitätsstädte oder Arbeitsorte für genau Würzburg zu entscheiden. Sie ist aber auch harter Wirtschaftsfaktor. Menschen von außerhalb, die für eine Veranstaltung gleich welcher Art in die Stadt kommen, beleben den Handel, nutzen die Gastronomie oder übernachten in der Hotellerie. Die Besucher von Veranstaltungen tragen so nicht nur zum Überleben Würzburger Unternehmen bei und erhöhen auf diesem Weg auch die städtischen Gewerbesteuereinnahmen. Um ein konkretes Beispiel zu nennen: allein zwei i.d.R. ausverkaufte Wochenendfestivals mit Besuchern aus ganz Europa sorgen für über 5000 Übernachtungen mit den entsprechenden Zusatzumsätzen in Handel und Gastronomie.
Würzburg muss als Oberzentrum und Kulturmagnet in der Region seiner Aufgabe, Livemusik-Veranstaltungen im Bereich populärer Musik in einer Spielstätte mit einer Kapazität größer 400und unter 2400 Besuchern anzubieten, weiterhin nachkommen. Wenn möglich – wenngleich nicht mehr wahrscheinlich – sollte der Spielbetrieb ohne Unterbrechung gewährleistet sein.Wenn nicht möglich, sollte die Unterbrechung von möglichst kurzer Dauer sein, um dem Verlust von Know-How und Netzwerken entgegenzuwirken, die Abwanderung von Bands und Künstleragenturen in andere Städte zu stoppen und die Entwöhnung des Publikums von Livemusik-Events zu verhindern. Würzburg braucht eine Spielstätte mittlerer Größe!
Mit freundlichen Grüßen
Joachim Beck Wolfgang Weier
Vorstandsvorsitzender Geschäftsführer