WÜRZBURG - Baskets: Knapp zwei Minuten vor dem Ende der regulären Spielzeit lagen sie noch mit sieben Punkten in Rückstand: Mit schier unglaublichem Kampfgeist haben die Würzburg Baskets nach Verlängerung einen verdienten 106:99-Auswärts-Derbysieg bei Brose Bamberg eingefahren. Herausragender Akteur eines von Anfang bis Ende hart umkämpften Duells um die Playoff-Plätze der easyCredit BBL war vor 4.541 Zuschauern in der Bamberger Brose Arena Baskets-Spielmacher Stanley Whittaker - der Würzburger Topscorer erzielte nicht nur 37 Punkte, sondern sicherte seinem Team 0,6 Sekunden vor Ablauf der Overtime nach einem Offensivrebound mit einem Korbleger samt Bonusfreiwurf auch noch den wichtigen direkten Vergleich.
Zuvor hatten die Gäste aus Unterfranken in den letzten 111 Sekunden der regulären Spielzeit keine Bamberger Punkte mehr zugelassen und einen Rückstand von sieben Punkten aufgeholt. In der letzten Minute der Verlängerung gelang den Würzburg Baskets dann der entscheidende 6:0-Lauf zur Entscheidung in einem extrem spannenden Frankenderby-Krimi am späten Samstagabend. „Das war ein richtiger Basketball-Feiertag. Meine Spieler haben ihr Herz auf dem Spielfeld gelassen, wir haben uns immer wieder zurückgekämpft und hatten am Ende auch das nötige Glück auf unserer Seite“, sagte Baskets-Headcoach Sasa Filipovski.
Auf dem Weg zum dritten Sieg und dem zweiten Auswärts-Erfolg in Folge bei einem direkten Playoff-Konkurrenten war wieder einmal großes Durchhaltevermögen und sehr viele Leidenschaft vom kleinen Würzburger Kader gefragt: Zwei Wochen zuvor hatten sich die Würzburg Baskets zuhause nach Verlängerung gegen Bayreuth durchgesetzt, danach in Rostock einen Rückstand von 16 Punkten noch in einen souveränen Auswärtssieg verwandelt. Und auch im Frankenderby mussten Kapitän Felix Hoffmann und Co. wieder 45 Minunten lang kämpfen und alles geben, um die favorisierten Bamberger am Ende in die Knie zu zwingen.
Die Partie startete mit viel Intensität auf beiden Seiten und zwei 6:0-Läufen, nach einem ersten Viertel auf Augenhöhe lagen die Gäste knapp mit 20:22 vorne. Nachdem sich die oberfränkischen Hausherren in den ersten zehn Minuten vor allem mit Freiwürfen über Wasser gehalten hatten, fanden sie im zweiten Abschnitt im Angriff einen besseren Rhythmus, schraubten ihre Dreierquote nach oben und konnten sich dadurch bis zum Seitenwechsel zum ersten Mal etwas deutlicher absetzen. Unter anderem Felix Hoffmann hielt mit zwei Drei-Punkte-Treffern dagegen. Filip Stanic erzielte neun seiner 16 Punkte in der ersten Halbzeit und traf dabei auch drei von vier Freiwürfen - beim Spielstand von 46:38 ging es in die Kabinen.
Auch an einer kurzen Rangelei kurz nach Beginn der zweiten Halbzeit war Stanic beteiligt. Sein Kontrahent Jaromir Bohacik konnte Brose Bamberg danach durch zwei Freiwürfe zum ersten Mal zweistellig in Führung werfen (48:38), und in der 23. Minute hatten die Gastgeber ihren Vorsprung nach zwei Dreiern von Patrick Miller und Christian Sengfelder auf zwölf Zähler ausgebaut (54:42).
In dieser Situation „habe ich den Jungs gesagt, dass wir immer weiterkämpfen müssen, egal was passiert“, sagt Stanley Whittaker nach dem Spiel. Bis zur 26. Spielminute hatte der Baskets-Anführer acht Punkte auf dem Konto, in den folgenden zwanzig Minuten sollten weitere 29 Zähler dazu kommen: Egal wen die Bamberger gegen ihn verteidigen ließen, egal von welcher Position aus er hochstieg - zwölf seiner vierzehn Wurfversuche in der Schlussphase waren erfolgreich.
In der Schlussphase des dritten Viertels bekam er unter anderem Unterstützung durch Collin Welp und Cameron Hunt, die von außen trafen, und nach zwei Freiwürfen von Nico Carvacho ging es beim jetzt wieder knappen Spielstand von 67:64 in den Schlussabschnitt. Für den Abschluss der Aufholjagd und die erste Würzburger Führung der zweiten Halbzeit sorgte Whittaker selbst per Dreier zum 71:72 (34. Minute).
Im weiteren Verlauf der Crunchtime waren es Patrick Miller und Christian Sengfelder, die die Bamberger mit 16 Punkten vermeintlich auf die Siegerstraße brachten, während auf Würzburger Seite Stan Whittaker und Felix Hoffmann dagegen hielten. Sengfelder traf in dieser Phase gleich drei Dreier in Folge und sorgte damit für eine Bamberger 88:81-Führung knapp zwei Minuten vor dem Ende.
Die letzten sieben Punkte der regulären Spielzeit gingen dann aber auf das Konto der unterfränkischen Gäste, die dabei auch von der Tatsache profitierten, dass Patrick Miller 28 Sekunden vor Schluss sein fünftes Foul kassierte und zum Zuschauen verurteilt war. Beim Stand von 88:86 gelang Cameron Hunt der Steal gegen den Ersatz-Spielmacher Jahomir Bohacik, der dann Dayon Griffin foulte - beide Freiwürfe waren drin, die letzten Angriffe beider Mannschaften nicht mehr erfolgreich: 88:88 - Verlängerung!
In den fünf Extra-Minuten waren es die Gastgeber, die immer einem kleinen Rückstand hinterher laufen mussten - Felix Hoffmann eröffnete die Overtime mit seinem dritten Dreier. Auf Bamberger Seite stemmte sich vor allem Gerel Simmons gegen die Niederlage, unter anderem mit einem Korbleger zum 97:97 mit verbleibenden 62 Sekunden Spielzeit. Sasa Filipovski nahm die Auszeit, und seine Spieler holten sich in der 45. Minute nicht nur den sensationellen Auswärts-Derbysieg, sondern auch noch den mutmaßlich extrem wichtigen direkten Vergleich mit einem Punkt Unterschied, nachdem die Oberfranken das Hinspiel in Würzburg mit 79:73 gewonnen hatten.
Stan Whittaker traf den Sprungwurf zum 97:99, Cameron Hunt erhöhte nach einem taktischen Foul von der Linie auf 97:101, und nach einem weiteren vergebenen Bamberger Wurf holte Stan Whittaker den Rebound, bediente den nach vorne sprintenden Julius Böhmer, der den Ball zum 97:103 in den Bamberger Korb stopfte. Und dann setzte Whittaker tatsächlich ganz am Ende seines Monster-Spiels noch ein weiteres Ausrufezeichen: Nach zwei Bamberger Freiwürfen zum 99:103 vergab Julius Böhmer einen Dreier, Whittaker schnappte sich den langen Rebound, traf den Korbleger, wurde gefoult und versenkte mit 0,6 Sekunden auf der Uhr auch noch den Bonus-Freiwurf zum Endstand von 99:106.
Brose Bamberg - Würzburg Baskets 99:106 n.V.
(20:22, 26:16, 21:26, 21:24, 11:18)
Für Würzburg spielten:
Stanley Whittaker 37 Punkte/3 Dreier (6 Assists), Filip Stanic 16, Felix Hoffmann 13/3, Cameron Hunt 13/1, Collin Welp 10/2, Dayon Griffin 7, Julius Böhmer 4, Nicolas Carvacho 4 (7 Rebounds), O‘Showen Williams 2.
Top-Performer Bamberg:
Patrick Miller 22/1 (5 Assists), Christian Sengfelder 19/4, Jaromir Bohacik 17/2, Gerel Simmons 15/1, Patrick Heckmann 10/1 (6 Assists).
Key Stats:
Fastbreak-Punkte: Würzburg 8 - Bamberg 2
Punkte in der Zone: Würzburg 38 - Bamberg 30
Punkte aus zweiten Chancen: Würzburg 20 - Bamberg 14
Stimmen zum SpielStanley Whittaker, Würzburg Baskets:
„Als wir nach dieser etwas undurchsichtigen Situation am Anfang der zweiten Halbzeit mit zwölf Punkten in Rückstand waren, habe ich den Jungs gesagt, dass wir einfach immer weiterkämpfen müssen, egal was passiert. Und das Ergebnis ist dieser wichtige Sieg nach Verlängerung. Ich muss mich bei meinen Coaches und Teamkollegen bedanken, die mich in die Positionen bringen, in denen ich erfolgreich sein kann. Ich arbeite immer hart und versuche, in diesen Situationen effizient zu sein, glücklicherweise sind heute viele meiner Würfe reingegangen. Wir hatten auch einige Matchups, die wir gut attackieren konnten.“
Sasa Filipovski, Headcoach Würzburg Baskets:
„Das war ein richtiger Basketball-Feiertag. Fantastische Fans auf beiden Seiten, eine großartige Atmosphäre, beide Teams haben gekämpft und guten Basketball gespielt. Am Ende hatten wir das nötige Glück auf unserer Seite, es hätte auch anders ausgehen können. Bamberg hat fast das ganze Spiel geführt, und wir mussten uns immer wieder zurückkämpfen. Meine Spieler haben ihr Herz auf dem Spielfeld gelassen, und am Ende haben wir uns den Sieg geholt. Ich wünsche Bamberg alles Gute und möchte mich bei unseren Fans bedanken, die uns heute unterstützt haben.“
Oren Amiel, Headcoach Brose Bamberg:
„Glückwunsch an Coach Filipovski und seine Mannschaft. Am Ende waren sie smarter als wir und haben dadurch das Spiel gewonnen. Wir haben heute wirklich dumm gespielt, es ist einfach unglaublich, und das regt mich wirklich auf. Wie wir heute reagiert haben, war ein Desaster und ist frustrierend, weil es nicht zum ersten Mal passiert. Bei den anderen Gelegenheiten hatten wir genug Glück, um trotzdem zu gewinnen. Ich hatte das Gefühl, dass wir das Spiel mit einer guten Führung unter Kontrolle hatten, und dann haben wir einfach den Ball überall hingeworfen. Deswegen bin ich wirklich sauer. Das soll aber die Leistung von Würzburg und Coach Filipovski nicht schmälern, sie haben das am Ende clever zu ihrem Vorteil ausgenutzt. Vor allem Stanley Whittaker konnte heute keiner meiner Spieler stoppen.“