Havelse - Schweinfurt: Der TSV Havelse meldet sich 30 Jahre nach dem Abstieg aus der 2. Bundesliga im Profifußball zurück. Mit einem 1:0 (1:0)-Heimsieg im Playoff-Rückspiel gegen den Regionalliga Bayern-Meister 1. FC Schweinfurt 05 machte das Team von Trainer Jan Zimmermann als Vertreter der Regionalliga Nord den erstmaligen Aufstieg in die eingleisige 3. Liga perfekt. Schon das Hinspiel in Schweinfurt hatte der TSV 1:0 (0:0) gewonnen.
Vor 1.100 Zuschauern im Garbsener Wilhelm-Langrehr-Stadion, darunter auch Altkanzler Gerhard Schröder und Hannover 96-Präsident Martin Kind, erzielte Havelses Mittelfeldspieler Kevin Schumacher (35.) den einzigen Treffer der Partie und ließ damit die Niedersachsen jubeln. Für Jan Zimmermann war es ein perfekter Abschied. Er wird ab der kommenden Woche neuer Cheftrainer beim benachbarten Zweitligisten Hannover 96.
Während der TSV Havelse am Wochenende, 23./24./25. Juli, in seine erste Saison in der 3. Liga starten und seine Heimspiele zumindest vorerst in Hannover ausgetragen wird, geht es für den 1. FC Schweinfurt 05 in der Regionalliga Bayern weiter. Dort ist der erste Spieltag bereits für den 16./17./18. Juli angesetzt.
Schweinfurt-Trainer Strobl:"Mit uns wird wieder zu rechnen sein"
"Ich bin unfassbar stolz auf das Team und den gesamten Verein", sagte TSV-Kapitän Tobias Fölster, der in der Nachspielzeit des Hinspiels in Schweinfurt per Freistoß den 1:0-Siegtreffer erzielt hatte. "Unsere Mannschaft zeichnet ein großer Teamgeist aus. Wir waren auf den Punkt da."
Kevin Schumacher, Matchwinner im Rückspiel, meinte: "Wir wollten den Gegner eigentlich von Beginn an unter Druck setzen. Das ist uns nicht gelungen. Umso mehr müssen wir uns bei Torhüter Norman Quindt bedanken, der uns im Spiel gehalten hat. Bei meinem Tor habe ich es einfach mal versucht. Dass der Ball so einschlägt ist natürlich überragend."
Der tief enttäuschte Schweinfurter Trainer Tobias Strobl gestand ehrlich ein: "Wir haben über 180 Minuten kein Tor erzielt, der Gegner hat über 180 Minuten besser verteidigt. Deshalb ist Havelse auch verdient aufgestiegen. Für uns ist das sehr traurig, der Stachel der Enttäuschung sitzt tief. Ich kann der Mannschaft aber keinen Vorwurf machen. Wir haben alles gegeben, unsere Chancen jedoch nicht genutzt. Es ist jetzt schwer, direkt nach vorne zu blicken. Aber mit uns wird auch in der nächsten Saison zu rechnen sein."
TSV-Trainer Zimmermann analysierte: "In der ersten Halbzeit hatten wir ein wenig Glück und einen guten Torwart. Nach der Pause haben wir es deutlich besser gemacht und nicht mehr viel anbrennen lassen. Ich freue mich sehr, dass wir unsere Chance beim Schopf gepackt und genutzt haben."
Jaeschke in der Startformation - Billick meldet sich zurück
Zimmermann hatte im Vergleich zum Hinspiel lediglich eine Änderung in seiner Anfangsformation vorgenommen. Torjäger Yannik Jaeschke, der nach überstandenem Muskelfaserriss in Schweinfurt noch 90 Minuten auf der Bank geblieben war, stürmte diesmal von Beginn an für Julius Langfeld. Die beiden langzeitverletzten Torben Engelking und Marco Schleef (beide Kreuzbandriss) mussten weiterhin passen.
Bei den Gästen kam in der Offensive Amar Cekic auf der linken Außenbahn für Martin Thomann zum Zug. Außerdem meldete sich Innenverteidiger Lukas Billick, der vor der ersten Partie kurzfristig ausgefallen war, rechtzeitig fit und kehrte in die Startelf zurück. Philipp Maier, der für Billick weichen musste, blieb allerdings nicht allzu lange auf der Bank. Er kam schon nach einer knappen Viertelstunde für Nico Rinderknecht, der den Platz verletzungsbedingt verlassen musste.
Jabiri-Chancen im Minutentakt - Aber Schumacher trifft
Im Gegensatz zum Hinspiel erwischte diesmal der 1. FC Schweinfurt 05 den deutlich besseren Start. Innerhalb von nur drei Minuten hatte der seit wenigen Tagen 37 Jahre alte Torjäger Adam Jabiri, der vor der Partie über Rückenprobleme geklagt, aber "grünes Licht" für seinen Einsatz gegeben hatte, gleich drei große Chancen zur frühen Führung. Zweimal reagierte Havelses Schlussmann Norman Quindt glänzend, einmal rettete Kapitän Tobias Fölster für seinen schon geschlagenen Torhüter auf der Linie. Auch Amar Suljic hatte das 1:0 für die "Schnüdel" auf dem Fuß, verfehlte den Kasten jedoch aus kurzer Entfernung.
Für den TSV Havelse, bei dem Julius Langfeld nach einer halben Stunde den angeschlagenen Deniz Cicek ersetzen musste, saß dagegen gleich der erste Torschuss. Nach einem starken Solo zog Havelses Mittelfeldspieler Kevin Schumacher (35.) aus knapp 20 Metern wuchtig ab und ließ Schweinfurts Torwart und Kapitän Luis Zwick keine Abwehrmöglichkeit - 1:0 (35.). Damit war bereits klar, dass es auf keinen Fall eine Verlängerung geben würde.
Die Schweinfurter, die ab diesem Zeitpunkt zwei Tore von einem möglichen Aufstieg entfernt waren, zeigten sich aber nur kurz geschockt. Erneut war es Sturmroutinier Adam Jabiri, der ein Ausrufezeichen setzte, als er mit einem Drehschuss nur die Latte traf. So aber mussten die Unterfranken mit einem Rückstand in die Kabine. Auch der in Hannover lebende Gerhard Schröder räumte zur Pause im Gespräch mit MagentaSport ein: "Der 1. FC Schweinfurt 05 war über weite Strecken die bessere Mannschaft. Havelses Führung ist glücklich."
Tor von "Joker" Marinkovic aus Abseitsposition
In der zweiten Halbzeit konnte das Strobl-Team die Gastgeber längst nicht mehr so häufig in Verlegenheit bringen. Nach einer knappen Stunde wurde deshalb mit Sascha Marinkovic (für Amar Cekic) ein zusätzlicher Stürmer eingewechselt. Später kamen auch noch Lukas Ramser und Florian Pieper, konnten aber ebenfalls nicht mehr die erhoffte Wirkung erzielen.
In der Schlussphase landete der Ball zwar nach einem Schuss von Marinkovic im Havelser Netz. Das Schiedsrichtergespann entschied jedoch auf Abseits. Sonst ließ die Hintermannschaft der Hausherren keine klaren Tormöglichkeiten mehr zu.
Der TSV Havelse ist nach Holstein Kiel (2013), SV Werder Bremen II (2015) und SV Meppen (2017) erst das vierte Team aus der Regionalliga Nord, das in den Playoff-Duellen den Aufstieg in die 3. Liga geschafft hat.
Für die Regionalliga Bayern endete dagegen eine Erfolgsserie. Mit Ausnahme der beiden ersten Vertreter TSV 1860 München II (in der Saison 2012/2013 gegen die SV 07 Elversberg) und FC Bayern München II (2013/2014 gegen Fortuna Köln) war zuvor bei sieben Teilnahmen fünfmal in Folge der Sprung in die 3. Liga gelungen. Die Würzburger Kickers (2014/2015) und der SSV Jahn Regensburg (2015/2016) schafften im Anschluss sogar den direkten Durchmarsch in die 2. Bundesliga. Auch die SpVgg Unterhaching (2016/2017), der TSV 1860 München (2017/2018) und FC Bayern München II (2018/2019) behielten in den Playoffs jeweils die Oberhand.
Eine andere Serie hat dagegen Bestand. Auch der 1. FC Schweinfurt 05 schaffte es als insgesamt sechster Verein nicht, nach einer Heimniederlage im Hinspiel am Ende doch noch aufzusteigen. Der TSV Havelse ist nach Holstein Kiel, dem 1. FSV Mainz 05 II, dem 1. FC Magdeburg und dem KFC Uerdingen 05 erst die fünfte Mannschaft, die in einer Playoff-Serie um den Aufstieg in die 3. Liga beide Partien für sich entscheiden konnte.